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Keine Ächtung von Uranwaffen durch den Bundestag - Stellungnahme von ICBUW-Deutschland

Am 12. November 2014 wurde von der deutschen Koalition zur Ächtung von Uranwaffen (ICBUW-Deutschland) eine Petition zur nationalen Ächtung von Uranwaffen beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht. Im Mai 2016 wurde sie beantwortet.

Darin heißt es:
„... der Bundestag hat Ihre Petition beraten und am 28. April 2016 beschlossen:

1. Die Petition der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium der Verteidigung – zu überweisen, soweit sie auf die Notwendigkeit der weiteren Erforschung von Gesundheitsgefahren in Verbindung mit Uranmunition hinweist.

2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Er folgt damit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (BT-Drucksache 18/8097), dessen Begründung beigefügt ist.“

In nachfolgendem Text beziehen wir Stellung zu dieser Antwort und zur Begründung des Petitionsausschusses.

Zur Beschlussempfehlung:
Unsere Petition weist im Forderungstext an keiner Stelle darauf hin, dass mehr Forschung notwendig ist, um Gesundheitsgefahren durch Uranmunition zu beweisen. Wir wissen um die Gefahren und können hierfür auf zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten verweisen. Unsere Petition enthielt eine ausführliche Begründung, in der viele dieser Arbeiten unsere Argumentation mit Literaturhinweisen belegen.
Wir hätten die Petition in dieser Form nicht eingereicht, wenn es nicht schon genügend wissenschaftliche Arbeiten gäbe, die die Gefährlichkeit der Uranwaffen beweisen.

Zur Begründung des Petitionsausschusses:
Einige Fakten sind widersprüchlich oder schlichtweg falsch dargestellt. Im nachfolgendem Text stellen wir dar, warum die Argumentation des Petitionsausschusses (kursiver Text) die Ablehnung der Petition nicht begründet.

„ Abgereichertes Uran … ist schwach radioaktiv und geringer radioaktiv als das in der Umwelt vorkommende natürliche Uran“
Abgereichertes Uran besteht zu 99,8 % aus dem Alpha-Strahler U 238. Alpha-Strahler haben eine geringe Strahlungsreichweite und können deswegen leicht abgeschirmt werden. Ein Blatt Papier genügt dafür schon. Auch die Hornhaut oder Kleidung schirmen die Strahlung ab. Gelangen die Alpha-Teilchen in den Körper, dann ist ihre biologische Schädlichkeit jedoch 20 mal stärker als die der Beta oder Gamma-Strahlung, denn im Organismus wirken sie direkt auf lebendige Zellen ein. Alpha-Strahler haben eine enorme Zerstörungskraft und hinterlassen eine Schneise der Verwüstung. Jedes Alphateilchen hat eine Energie von mehr als 4 Millionen-Elektronenvolt; diese geht direkt in die getroffenen Zellen über. Bereits 6 bis 10 Elektronenvolt genügen, um den DNA-Doppelstrang eines Chromosoms zu zerbrechen. Die Alphateilchen haben je nach Organ eine Reichweite von 3- 6 Zellen. (1)
Direkt getroffene Zellen senden Botenstoffe in hunderte Nachbarzellen aus (Bystander–Effekt). Dabei wird deren Genom verändert (Genomische Instabilität). Die so geschädigten Zellen gelten als Krebsvorstufen. (2,3,4) Hinzu kommt, dass sich Giftigkeit und ionisierende Wirkung des Urans in ihren schädigenden Auswirkungen gegenseitig verstärken. Da bei der Explosion von Uranwaffen feine Uranoxid-Aerosole in der Größe von Nanopartikeln freigesetzt werden, bleiben sie nicht an ihrem Entstehungsort und die Gefahr ist sehr hoch, dass sie auch von der Zivilbevölkerung eingeatmet werden. Nanopartikel überwinden alle Barrieren im Organismus und können sich an ganz unterschiedlichen Orten im Körper festsetzen und dort für lange Zeiträume Schaden anrichten.
Das in der Umwelt natürlich vorkommende Uran ist nicht radioaktiver als abgereichertes Uran. Das Uranerz enthält nur 0,01-15% Uran und kann schon deswegen nicht radioaktiver sein.
Wenn wir von dem aufgearbeiteten nicht abgereicherten Uran ausgehen, ist der Unterschied der Radioaktivität gering, da das radioaktivere U 235 nur um rund 0,5 % abgereichert wird. Wenn man bedenkt, dass für Uranwaffen nicht selten abgereichertes Uran aus Wiederaufbereitungsanlagen verwendet wird und dieses auch Spuren von Plutonium enthält, kann man davon ausgehen, dass die Radioaktivität sogar höher ist, da Plutonium eine sehr hohe Zerfallsrate hat und deswegen ein sehr starker Alpha-Strahler ist.

Uranwaffen … werden ... von der Bundeswehr nicht eingesetzt und es ist auch nicht erlaubt, mit dieser Munition auf den Truppenübungsplätzen umzugehen.
Das war leider nicht immer so. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte der Rheinmetall-Konzern in Düsseldorf, ebenso der Konzern Messerschmidt-Bölkow-Blohm und die Firma Diehl Uranmunition und ließ diese durch die Bundeswehr auf Truppenübungsplätzen, u.a. in Munster testen. Es ist nachweisbar, dass die Bundeswehr im Jahr 1983 auf dem Truppenübungsplatz Munster Tests mit Munition aus abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken durchgeführt hat. Wegen der Geheimhaltung wurde unverantwortlicher Weise auf Schutzmaßnahmen für die Soldaten verzichtet. Zumindest ein Fall eines am damaligen Test beteiligten Soldaten (Erich Schempp), der zwei Jahre später an Krebs erkrankte, ist bekannt geworden. Ein Bundeswehrarzt (Dr. Reimann) teilte ihm auf Anfrage mit, dass die Bundeswehr Uranmunition getestet hatte; das Verteidigungsministerium stritt dagegen im selben Fall ab, jemals diese Munition getestet zu haben. Eine Untersuchung wurde dem Soldaten Schempp daraufhin verweigert. Eine privat bezahlte Untersuchung, eine Haarprobe, ergab 0,134 µg Uran / g Haare, lag also eineinhalb mal über dem Grenzwert von 0, 0866 µg/ g und darf als Beweis für seine radioaktive Kontaminierung gelten.
Achtmal gab es darüber hinaus von 1981 bis 1988 Brandunfälle mit Panzern der Bundeswehr, die mit Uranmunition bestückt waren und als radioaktiv kontaminierte Geräte liegenblieben. Mindestens einmal, 1990 in Bayern, wurde auch Uranmunition verschossen.

Für deutsche Einsatzkontingente, speziell erstmalig für den Kosovo-Einsatz, wurde beginnend ab 1999 präventiv eine Ausbildung mit der Thematik 'Schutzmaßnahmen vor möglichen Gefahren, die von Munition mit abgereichertem Uran ausgehen können' angewiesen.
Hier liegt ein Widerspruch in der Argumentation des Petitionsausschusses vor. Wenn es für deutsche Soldaten präventiv eine Ausbildung zu Schutzmaßnahmen vor möglichen Gefahren gegeben hat, dann muss man sich fragen, warum dieser präventive Ansatz nicht grundsätzlich auch für die Zivilbevölkerung gilt. Wenn die Bundesregierung selbst nicht glaubt, dass DU ungefährlich ist, warum wird dann nicht die Ächtung mindestens im Sinne des Vorsorgeprinzips befürwortet?

Außerdem ordnete die Bundeswehr in diesem Zusammenhang frühzeitig eine gesundheitliche Sonderüberwachung des deutschen Einsatzkontingents in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) an. Die Ergebnisse der Untersuchung führten zu dem Schluss, dass die Einsatzorte so gut wie keine radiologischen Gesundheitsrisiken bargen und toxikologische Risiken nur unter außergewöhnlichen Umständen bestanden.
Bei der hier erwähnten Untersuchung handelt es sich um die "Untersuchungen zur Uranausscheidung im Urin - Überprüfung von Schutzmaßnahmen beim Deutschen Heereskontingent KFOR" (Kosovo-Schutztruppe) im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung, vom 03.01.2001.
In dem Kinodokumentarfilm "Deadly Dust" sagt einer der ausführenden Wissenschaftler der Studie, der Medizinphysiker Dr. Paul Roth, erklärend: " Wir haben insgesamt weit über 1000 solcher Untersuchungen inzwischen durchgeführt bei Soldaten und unterschiedlichsten Gruppierungen und konnten bei niemanden bisher DU im Urin nachweisen. Bisher gibt es nicht einen einzigen Beleg dafür, dass abgereichertes Uran im Urin nachweisbar gewesen wäre, weder bei ansässiger Bevölkerung oder bei den ausländischen Hilfskräften." Und in diesem Film antwortet darauf der Geologe und Wissenschaftler Dr. Axel Gerdes, der die Urinuntersuchungen im Auftrag von Prof. Dr. Asaf Durakovic und der amerikanischen Zeitung New York Daily News am Geologischen Institut der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt am Main durchgeführt hat: "Man hat natürlich bei den Soldaten im Kosovo sozusagen nur registriert, sind sehr starke Konzentrationen, sehr stark erhöhte Konzentrationen nachzuweisen, und dann hat man gesagt, sind nicht. Da wurde sozusagen nicht geprüft, ist einer ein bisschen kontaminiert oder scheidet er ein bisschen verarmtes Uran aus. Und dazu ist zu sagen, das ist nicht unbedingt die Herangehensweise zu klären, ob jemand überhaupt kontaminiert wurde, weil wie gesagt wenn Uranoxid als unlösliches winzigstes Partikel im Körper ist, nur kleinste Teile davon wieder ausgeschieden werden, dann finde ich natürlich auch nur allerkleinste Teile im Urin und dann muss man natürlich mit verfeinerten Methoden, mit verfeinerten Techniken rangehen, um auch das “ob” zu klären." (5, 6)

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Auftrags-Schreiben vom 30. 07. 1999, welches vom Verteidigungsministerium an die GSF ging und das dem Filmautor Frieder Wagner in Kopie zugegangen ist. Dort heißt es:

Herrn Dr. P………….. 30. 07. 1999
GSF - Institut für Strahlenschutz
85758 Neuherberg

Betr.: Einsatz von Munition mit Bestandteilen an "Depleted Uranium" (DU)
hier: Mögliche Belastungen deutscher Soldaten durch interne Exposition
…………………………………

Sehr geehrter Herr Dr. P…………,

Für Ihre Bereitschaft an der Durchführung einer Analyse und Abschätzung eines Potenzials
möglicher Belastungen deutscher Soldaten durch Bestandteile von DU-Munition im derzeitigen
Einsatzgebiet in Kosovo danke ich Ihnen sehr.
Grundsätzlich bin ich mit Ihnen einer Meinung, daß man bei Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem Golfkrieg hypothetisch von keinem signifikanten gesundheitlichen Gefährdungspotential durch die Anwesenheit von Bestandteilen an DU-Munition und deren Reaktionsprodukten am/im Boden oder an getroffenen militärischen Fahrzeugen ausgehen muß...
………………………
Schon jetzt danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre Mühe

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
………………
Bundesministerium der Verteidigung

In diesen Zeilen wird sehr deutlich, dass der Auftraggeber, das Bundesministerium für Verteidigung, nicht daran interessiert war, dass die Studie positiv ausgeht, bzw. dass man erwartete, dass in den Urinproben der Soldaten keine DU-Rückstände gefunden wurden - schon vor Beginn der Studie wohlgemerkt!
Entsprechend war das Ergebnis der Studie.

… weshalb die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), das UNEP, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Europäische Union (EU) umfangreiche Untersuchungen zu den potentiellen Gefahren für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt durch Rückstände von Munition mit abgereichertem Uran durchgeführt haben. Keine dieser Studien konnte ein radiologisches Risiko für die Bevölkerung vor Ort aufgrund von Rückständen durch abgereichertes Uran in der Umwelt nachweisen.
Zunächst einmal können wir aus Berichten der Einsatzgebiete von Uranwaffen erfahren, dass überall dort wo Uranwaffen verwendet wurden, die Krebszahlen und auch Missbildungsraten bei Neugeborenen nach den Kriegen in die Höhe schnellten. Das berichteten vor allem die Krankenhäuser. (8-18) Dieses Argument allein soll hier aber nicht ausreichen, um zu erklären, warum die internationalen Behörden zu anderen Schlussfolgerungen kommen als wir.
Wir müssen leider feststellen, dass wohl die meisten Untersuchungen im Sinne der herrschenden Machtinteressen durchgeführt wurden. Hierzu Ausschnitte aus der Fachzeitschrift Strahlentelex: (19):
Am 22. Februar 2004 wurde in Schottland durch die Zeitung Sunday Herald bekannt, dass eine Studie mit namhaften Wissenschaftlern von der WHO nicht freigegeben wurde. Der Hauptautor ist Dr. Keith Baverstock, der bis zu seiner Pensionierung im Mai 2003 11 Jahre lang als oberster Experte der WHO für Radioaktivität und Gesundheit beschäftigt war. Mitautoren sind Professor Camell Mothersill von der Universität Mc Master in Kanada und Dr. Mike Thome, Berater für Strahlenfragen.
Baverstocks Studie, die dem Sunday Herald vorliege weise darauf hin, dass Iraks Wüstenklima bedeute, dass winzige Partikel von DU mit großer Wahrscheinlichkeit umher geblasen und von der
Zivilbevölkerung eingeatmet werden könnten, und zwar noch jahrelang. Es sei zu befürchten,
dass deren Strahlung und Toxizität innerhalb des Körpers das Wachstum bösartiger Tumore auslösen könnte. Die Studie lege nahe, dass die Zellen, die direkt von der Niedrigdosisstrahlung der DU getroffenen Zellen umgeben sind, dem sogenannten Bystander-Effekt unterliegen. Dies destabilisiere das genetische System und werde von vielen Wissenschaftlern für bedeutend bei der Entstehung von Krebs und anderen Erkrankungen gehalten. Zusätzlich könne sich herausstellen, dass die DU-Munition im Irak ebenso wie die im Balkan- Konflikt eingesetzte mit Plutonium und anderem radioaktiven Abfall verseucht ist. Das würde die Radioaktvität verstärken und damit auch die Gefahr, legte Baverstock dar. Die Strahlung und die chemische Toxizität könnten laut Baverstock außerdem zusammenwirken und einen Cocktaileffekt erzeugen, der das Risiko weiter erhöht.

Welches Interesse hat die WHO solche Studien zu unterdrücken?
Herrmann Joseph Müller bekam 1946 den Nobelpreis für Medzin, für seine Arbeit, die sich mit der zellverändernden Wirkung ionischer Strahlung befasste. Dr. John W. Gofmann, ehemals Leiter der Plutoniumforschungsgruppe in Berkeley warnte damals schon unermüdlich: "Nach allen vernünftigen Maßstäben, die wir aus den Ergebnissen der Wissenschaft gewinnen, gibt es keine unbedenkliche Dosis, es gibt keine ungefährliche Alpha-Strahlung. Wenn dies also eine Tatsache ist, dann ist jede geduldete Strahlung die Erlaubnis zu einem Mord." Die USA reagierten auf diese Bedenken, indem sie 1956 die Gründung der IAEO durchsetzten, einer UN-Organisation, die eigentlich nur die Atomindustrie fördern sollte.
Die Weltgesundheitsorganisation hat 1959 mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ein Abkommen geschlossen, das ihr die Befassung mit Fragen von Strahlung und Gesundheit nur mit Zustimmung der IAEO gestattet.
1957 organisierte die Weltgesundheitsorganisation einen internationalen Kongress zu Fragen der Gen verändernden Wirkung von Strahlung. Wie die veröffentlichten Protokolle dieser Tagung zeigen, ging man von den Grundannahmen aus, die sich aus den Experimenten des Nobelpreisträgers Mullers ergeben hatten. (20)
Doch 1959 brach diese Diskussion plötzlich ab. Die WHO hatte sich auf das Abkommen mit der IAEO eingelassen, in dem der Satz steht: "Wenn eine der beiden Parteien eine Aktivität oder ein Programm in einem Bereich beginnen will, der für die andere Partei von Interesse ist oder es sein könnte, wird sie die andere Partei konsultieren, um die betreffende Frage einvernehmlich zu regeln." (21) Genau diese Verpflichtung auf eine "einvernehmliche Regelung" erlaubt es der IAEO seither, fast alle Bemühungen der WHO zu unterbinden, mögliche Zusammenhänge von Strahlung und Erkrankungen in der Bevölkerung zu untersuchen.

Die UNEP führte Untersuchungen im Irak, im Kosovo, Serbien, Montenegro und Bosnien durch.
Auf die Messergebnisse haben wir uns auch in der ausführlichen Begründung unserer Petition bezogen. Wir zweifeln diese Ergebnisse nicht an, bewerten sie aber komplett anders.
Der britische Wissenschaftler Dr. Chris Busby, dessen Spezialgebiet die gesundheitsschädigende Wirkung von niedrigen Strahlendosen ist, stellt fest, dass die Ergebnisse der UNEP Untersuchungen im Kosovo, 1,5 Jahre nach Ende der NATO- Angriffe, eine weit verbreitete Urankontamination bedeuten. (22)
Dass Alphastrahler trotz ihrer geringen Strahlungsreichweite sehr gefährlich sind, begründet er folgendermaßen: „...Also, das ist das Kernproblem: der Unterschied zwischen Verstrahlung von Aussen und Verstrahlung im Innern! Tatsächlich sollten Sie nicht die Dosis auf den Körper ins Auge fassen, sondern die Dosis pro Zelle betrachten, dann sehen Sie, dass diese sehr hoch ist.“ (23)

Zu den üblichen Bewertungsmethoden von ionisierender Strahlung auf die Gesundheit äußert sich die amerikanische Expertin für Strahlenbiologie Rosalie Bertel:
„Die Toxikologie hat Schwermetalle seit über einem Jahrhundert studiert, aber nicht die keramischen Schwermetallpartikel in Nanometergrösse. Zudem schließen Kurse in Toxikologie an den Universitäten nicht das Studium radioaktiver Metalle wie Uran mit ein, da diese Disziplin dem Kernphysiker überlassen wird. Die Berechnung der radioaktiven Dosis ist die Aufgabe von Physikern, die das Inhalationsmodell, das von der ICRP (International Commission on Radiological Protection) vorgeschlagen wird, benutzen...
Als die Vereinten Nationen die IAEA (International Atomic Energy Agency) ins Leben rief und sie damit betraute, Standards für den Schutz gegen Radioaktivität aufzustellen, wandte sich die IAEA an die ICRP statt an die WHO (Weltgesundheitsorganisation), um Empfehlungen zu formulieren. Die ICRP hat eine mathematische Methodologie vorgeschrieben, die bestimmt, wie man die Dosis sowie die Zahl der tödlichen Krebsarten, die für jede Dosis vorausgesagt werden, berechnet. Diese Methodologie nimmt ein normal funktionierendes Reparatursystem der Körperzellen an und benutzt die beobachteten Eigenschaften des Uranminenstaubs. Sie ist für die Berechnung der Dosis ins Körperinnere gelangender Strahlungsquellen vom ECRC (European Committee on Radiation Risk) und der offiziellen Radioaktivitätsschutz-Agentur in Frankreich öffentlich als unbrauchbar eingeschätzt worden. (24)
Dieses mathematische Modell für den Verseuchungsgrad der Bevölkerung berücksichtigt weder die Altersverteilung oder den Gesundheitsstatus der kontaminierten Personen noch die anderen giftigen Wirkungen, die zusätzlich zur Radioaktivität mit dem Uranstaub einhergehen. Es unterscheidet auch nicht zwischen einem Partikel von 2 Mikrogramm (µg) einerseits und 40.000 bis 60.000 Nanopartikeln mit einer Gesamtmasse von 2 µg andererseits. Die kleineren Partikel werden mit einer annähernd 3,6 mal größeren Oberfläche des Gewebes Kontakt haben, und die vom Uran emittierten Alpha-Partikel werden einen 10 mal effektiveren Schaden am Gewebe verursachen als in dem Fall, wenn sie aus einem größeren intakten Partikel stammen. Dies ist so, weil sie direkt von der Oberfläche emittiert und nicht durch den Partikel selbst abgebremst werden."

Mario Burger, der Leiter des Laboratoriums Spiez in der Schweiz, das die UNEP- Untersuchungen für das Kosovo, Serbien, Montenegro, Bosnien und Irak durchführte, schreibt, wer für die Bewertung der Messergebnisse verantwortlich ist: „Übereinstimmend des entsprechenden Mandats wurden alle Kalkulationen, die notwendig waren, um Schlussfolgerungen für die mit DU-Resten kontaminierten Gebiete zu treffen, durch die IAEA ausgeführt....“

Auch wenn wir einsehen würden, dass aufgrund dieser Berechnungsmethoden keine dieser Studien ... ein radiologisches Risiko für die Bevölkerung vor Ort aufgrund von Rückständen durch abgereichertes Uran in der Umwelt nachweisen konnte, bleiben verschiedene Gefahren, die durch den DU-Einsatz verursacht werden, bestehen.
Die UNEP schreibt im Serbien - Montenegro Untersuchungsbericht Anhang A (risk assessment): … „Es wird angenommen, dass jemand der sich während des Angriffes sehr nah am Einschlagsort aufhält, sofort für kurze Zeit durch die DU-Staubwolke belastet wird. Diese DU- Wolke hat möglicherweise eine sehr hohe DU-Konzentration. 100 mg DU/Kubikmeter Luft wird angenommen.“
Uranwaffen wurden auch in Wohngebieten eingesetzt. UNEP- Untersuchungen von 2007 bestätigen den Einsatz von DU in Bagdad und Basra. Im Bericht über Bosnien wird die Verteilung von DU im Boden bis zu 200 m angegeben. Von daher könnten in dicht besiedelten Gebieten viele Menschen direkt einer sehr hohen Belastung ausgesetzt gewesen sein. Weiter schreibt die UNEP: „Das einzige Risiko besteht darin, dass sich Personen direkt dem kontaminierten Ort nähern. Sich direkt die Hände kontaminieren. Boden verschlucken....“ Im Irak und im Kosovo wurden die Geschosse nicht aufgeräumt. Im Irak blieben auch die zerschossenen Panzerwracks stehen. Kinder spielten dort! Die USA gab im Irak keine Koordinaten von DU- Beschuss bekannt, so dass niemand wissen kann, wo die Hotspots sind, um sich von diesen Orten fern zu halten. Zerschossene Kriegsfahrzeuge landeten auf ganz gewöhnlichen Schrottplätzen.

Auch die im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung vorgenommenen Untersuchungen von im Kosovo eingesetzten Bundeswehrsoldaten konnten – wie bereits dargelegt – keine Krankheiten feststellen, die mit Rückständen von Munition von abgereichertem Uran in Verbindung stünden. Auch Nato-Partner haben solche Untersuchungen mit gleichem Ergebnis durchgeführt.
Da die Gesellschaft für Strahlenforschung in Neuherberg, wie bereits oben dargelegt, die Messwertobergrenze für geringere Konzentrationen DU zu hoch festgelegt hatte, konnte kein DU nachgewiesen werden, das nun mit eventuell aufgetretenen Krankheiten in Verbindung gebracht werden kann.
In anderen Ländern wurden aber erhebliche Hinweise auf DU- Kontaminierung der Veteranen festgestellt:
  • 500.000 US Soldaten nahmen 1991 im Irak und Kuwait am Kriegseinsatz teil. 133.000 Soldaten sind bei dem Medizinischen Register des US-Verteidigungsministerium registriert, bei denen unterschiedliche Krankheiten diagnostiziert worden waren. Bei 80% dieser Erkrankten, also über 100.000 Soldaten, wird das „Golfkriegssyndrom“ attestiert, ein Krankheitsbild, das sehr unterschiedliche Symptomcluster zusammenfasst. (25)
  • Eine Studie von Han Kang vom US-Department of Veteran’s Affairs zu Geburtsfehlern bei Kindern von Golfkriegsveteranen (mit 21.000 Personen) zeigt: Bei Männern wurde eine um das Doppelte,  bei Frauen eine um das Dreifache erhöhte Wahrscheinlichkeit für Kinder mit Missbildungen festgestellt. Fälle von offenbar auf andere Ursachen zurückzuführende Geburtsfehler wurden aus der Studie ausgeschlossen. (26)
  • Eine unabhängige britische Untersuchungskommission, kommt im Lloyd-Report, 2004  zu dem Schluss, dass ein zweifelsfreier Zusammenhang zwischen dem Golfkrieg und den Krankheiten besteht, von denen ca. 10% (5.500) aller dort eingesetzten Soldaten betroffen sind. Als wahrscheinliche Ursache wird abgereichertes Uran in Kombination mit weiteren Faktoren wie Impfungen und Stress genannt.
  • Der ehemalige italienische Verteidigungsminister Parisi teilte mit, dass von 1997 bis 2007 37 italienische Soldaten nach Auslandseinsätzen an Krebs starben und 255 weitere erkrankt seien.33 Diese offiziellen Zahlen wurden vom Verband der Opfer in den Streitkräften angezweifelt. Nach ihren Angaben soll es sich tatsächlich um 164 Veteranen handeln, die an Leukämie und anderen malignen Erkrankungen starben. Weitere 2536 sollen an Krebs erkrankt sein. (27, 28)

Der Einsatz von Uranmunition ist jedoch den allgemeinen Einschränkungen durch das Humanitäre Völkerrecht unterworfen, die für jeden Waffeneinsatz gelten, insbesondere den Schutz der Zivilbevölkerung bezwecken.
Die Argumentation zur Ablehnung der Petition, berücksichtigt nicht, dass sich Uranoxid Aerosole und Uranstäube vor allem in trockenen Gegenden weit verbreiten können. (29) Die Universität Oldenburg schreibt in ihren Informationen zur Uranmunition, "...., dass für die hier diskutierten α-Strahler die Dosisfaktoren für Inhalation etwa 100 mal größer sind als die für Ingestion. Die genannten Isotope werden für den Menschen also dann besonders gefährlich, wenn sie eingeatmet werden."
Auch die Gefahr einer Grundwasserverseuchung könnte relevanter werden. Schon im UNEP- Bericht vom 10. März 2003 über Bosnien Herzegowina wird von einem DU-verseuchten Trinkwasserbrunnen berichtet. Die UNEP empfiehlt eine alternative Trinkwasserquelle zu benutzen. (30, 31)

Das Risiko lässt sich nicht eingrenzen und trifft die Zivilbevölkerung genauso, wie die Soldaten.
Wir stellen fest, das Risiko an den Folgen von Uranwaffen zu erkranken ist groß und da nach Information der UNEP- Berichte (32,33,34) auch Plutonium in der Munition gefunden wurde, ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken noch höher als befürchtet, einzuschätzen.
Die Mehrheit des Bundestages hinterfragt die Untersuchungsergebnisse und die übliche Gefahrenbewertung für ionisierende Strahlung durch Alpha -Strahler nicht. Das bedeutet im Falle der Uranwaffen, dass weder Zivilbevölkerung noch Soldaten in Kriegsgebieten durch das Humanitäre Völkerrecht geschützt sind und weitere Schritte hin zur Ächtung von Uranwaffen von Bundestag und Bundesregierung nicht unternommen werden.

Quellen:
1- Schmitz Feuerhake I: Dose Estimation for Incorporated Radioactvity. Gesellschaft für Strahlenschutz, Hannover, 2009
2- Brenner JD, Little JB, Sachs RK: Dose Estimation for Incorporated Radioactivity. Gesellschaft fürStrahlenschutz, Hannover, 2009
3- Bashar R.: Emerging role of radiation induced bystander effects: Cell communications and carcinogenesis. Genome integrity 1:13, 2010
4- Miller AC: A review of Depleted Uranium Biological Effects: In Vivo Studies,
http://www.bandepleteduranium.org/en/docs/184.pdf
5- Film "Deadly Dust", 2006,  https://www.youtube.com/watch?v=-HztabrfIO4
6- GSF Studie vom 03.01.2001
7- Archiv Frieder Wagner: Kopie des  Briefes vom Verteidigungsministerium an die GSF vom 30.07.1999
8- Yacoub A, Al-Sadoon I,Hasan J: The Evidence for Causal Association between Exposure to Depleted Uranium and Malignancies among Children in Basrah, 2002 http://www.uraniumweaponsconference.de/speakers/yacoub_evidence.pdf
9- http://www.bandepleteduranium.org/en/basrah-epidemiology-study-team-meets-in-turkey
10- Claußen A, Eisenberg W:Gefährlicher Staub, Uranmuntion und ihre medizinischen Folgen. IPPNW Forum 122, 10-11, 2010
11- Hagopian A, Lafta R, Hassan J, Davis S, Mirick D, Takaro T. Trends in childhood leukemia in Basrah, Iraq, 1993-2007. Am J Public Health. 2010 Jun;100(6):1081-7. Epub 2010 Feb 18. PMID:20167894. Artikel dazu: Hagopian A, Davis S., Mirick D, Takaro T. :Sister University Relationship in Iraq leads to Cancer Research, W school of public health University of Washington, May 2010
12- Chulov M: Huge Rise in Birth defects https://nwoobserver.wordpress.com/2009/11/15/huge-rise-in-birth-defects-in-falluja/
13- Busby C, Hamdan M, . Ariabi I: Cancer, Infant Mortality And Birth Sex Ratio in Falluja, Iraq:http://www.mdpi.com/1660-4601/7/7/2828
14- Dr.N.Srbljak, S.Milenkovic, M.Cvekovic, Innere- u Anestesiologische Abteilung, G.Z. Kosovska Mitrovica
15- Andjelkovic – Lukic M.: Serbien- gestern und heute, Zeit-Fragen 28. Mai 2013
16- Meldung der jugoslawischen Presseagentur BETA vom22.7. 2002, Angaben von S.H.Günther, in Deutsch veröffentlicht (Artikel Uran-Geschosse)
17- Miraki MD: Amerikas Massenvernichtungswaffen und der stille Genozid an den Afghanen, http://www.uranmunition.net/artikel,genozid.html
18- Salehi Z: Afghanistan: Number of children born with deformities increasing, Rawa News, March, 29, 2011
19- Fachzeitschrift Strahlentelex, Nr.: 412-413/ 2004, Die Gesundheitsorganisation hält Studie über die Folgen von Uranmunition zurück, http://www.strahlentelex.de/Stx_04_412_S05-06.pdf
20- "Effets génétiques des radiations chez l’homme: Rapport d’un Groupe détude réuni par l’OMS et Communications présentées par plusieurs membres de ce groupe", Genf (WHO) 1957
21- Vertrag zwischen der Internationalen Atomenergiekommission und der Weltgesundheitsorganisation, angenommen von der 12. WHO- Generalversammlung am 28. Mai 1959 in der Resolution WHA 12.40. Siehe Organisation mondiale de la santé, "Documents fondamentaux", 42. Aufl., Genf (WHO) 1999.
22- Busby C: Depleted Uranium in Kosovo: Review of UNEP Report of 13th March 2001, Green Audit, Occasional Paper 3/2001
23- European committee on Radiation Risk. 2003. Recommendations of the European Committee on Radiation Risk, ed. Chris Busby. Regulator’s Editione, Brussels, 2003 http://www.nrc.gov/docs/ML1523/ML15239A858.pdf
24- Institute de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire. Response to ECCR: Health Consequences of Chronic Internal Contamination by Radionuclides. DRPH/2005-20. Paris, 2005)
25- Dr. med Angelika Claußen, Sachverständigen Stellungnahme, Irak-Tribunal, Berlin 19.6.04; Seite 6f
26- Rosalie Bertell, „Depleted Uranium…“ in: International Journal of Health Services, 2006, Vol. 36, Nr.3, S. 514
27- IPPNW-Presseerklärung vom 9.10.2007: 255 Soldaten am Balkan-Syndrom erkrankt
28- IPPNW-Report Die Gesundheitlichen Folgen von Uranmunition 5.3. Gesundheitliche Konsequenzen, Dezember 2012
29- Wagner F: Deadly Dust , Dokumentarfilm, 2006
30- UNEP Scientific Mission to Kosovo: Depleted Uranium in Kosovo: Post-Conflict Environmental Assessment. 5.-19. November 2000, siehe: Recommendations und Appendix 5 http://postconflict.unep.ch/publications/uranium.pdf
31- UNEP Depleted Uranium in Bosnien and Herzegovina, Post- Conflict, Environmental Assessment, March 2003
32- UNEP Scientific Mission to Kosovo: Depleted Uranium in Kosovo: Post-Conflict EnvironmentalAssessment, 5.-19. November 2000
33- UNEP Depleted Uranium in Serbia and Montenegro, Post-Conflict, Environmental Assessment in the Federal Republic of Yugoslavia
34- UNEP Depleted Uranium in Bosnien and Herzegovina, Post- Conflict, Environmental Assessment, March 2003