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Ostermarschreden: Am Halitplatz, an der Rampe und am Mahnmal für die Opfer des Faschismus

Ostermarsch 2017 am Halitplatz: Achim Jünemann (Kasseler Friedensforum)

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Ich heiße euch herzlich zum Ostermarsch willkommen, der dieses Jahr
unter dem Motto steht: Die Waffen nieder!

In Anbetracht des völkerrechtswidrigen US-Bombardements auf Syrien
mit 59 Tomohawk-Raketen gewinnt der Aufruf eine besondere Bedeutung.

Es ist so einfach, Assad des Giftgaseinsatzes zu bezichtigen. So einfach, wie auch Saddam Hussein des Besitzes von Massenvernichtungswaffen bezichtigt wurde, so einfach, wie die Behauptung, dass angeblich Säuglinge aus Brutkästen herausgerissen wurden.

Ich könnte die Liste der Lügen, die zu kriegerischen Handlungen Anlass gaben, beliebig fortsetzen. Tatsache ist, dass Syrien 2013 die Chemiewaffenkonvention unterzeichnet hat und sein Arsenal unter internationale Kontrolle gestellt hat.

2015 erklärte die UN-Organisation für den Schutz vor Chemiewaffen,
dass alle derartigen Waffen aus Syrien abtransportiert und vernichtet seien.

Da Trump innenpolitisch bisher fast nur Niederlagen zu verzeichnen hat, möchte er nun außenpolitisch den starken Mann darstellen.
Die Militäraktion der USA ist natürlich auch der Versuch, die Aufmerksamkeit von der Situation in Mossul abzulenken, wo unter anderem durch Kampfhandlungen der US geführten Koalition, hunderte friedliche Einwohner ums Leben kamen und sich die humanitäre Katastrophe verschärft.

Es sorgt mich, dass nicht nur Recep Erdogan, Jens Stoltenberg,
Theresa May, Benjamin Netanjahu und Francois Holland Beifall zollen,
sondern auch Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Martin Schulz.
Sogenannte „Warnschüsse“ bringen uns immer mehr an den Rand eines
III.Weltkrieges, ob nun im Nahen Osten oder im asiatischen Raum.

Auch die Militärmanöver an Koreas Küsten können sehr schnell in eine
atomare Katastrophe führen.

Deswegen: DIE WAFFEN NIEDER!
Ich finde gerade Kassel sollte aus dem Inferno des II. Weltkrieges gelernt
haben.

Doch das scheint nicht der Fall zu sein.
Unweit von hier befinden sich zwei wichtige Rüstungsbetriebe:

Rheinmetall und Kraus-Maffei-Wegmann.
Weitere Firmen sind das Eurocopter Ausbildungszentrum auf der
Marbachshöhe, die Glückauf Logistig in der Landgraf-Karl-Str. und die PSM (Project System Management) die sich mit dem Schützenpanzer Puma befassen.

Die Bundesrepublik Deutschland verdient durch ihre Waffenexporte in alle Welt, besonders in den Nahen Osten sehr gut.

Und wenn es keine Ausfuhrgenehmigung gibt, kommen diese Firmen jetzt
auf den Dreh, neue Produktionsstandorte im Ausland zu installieren, wie gerade in der Türkei. (Rheinmetall will Panzer in der Türkei bauen)

Wenn deutsche Waffen Leid in der Welt verursachen, braucht sich auch niemand zu wundern, dass diese Menschen fliehen und zu einem geringen Bruchteil auch bei uns Schutz suchen.

Ich möchte an dieser Stelle an den am 15.12 2016 verstorbenen Publizisten und Friedensaktivisten ECKART SPOO erinnern, der dazu sagte:

„Mir ist die allgemeine Gewöhnung an immer modernere, immer
„intelligentere“, immer bösartigere Waffen (zunehmend aus deutscher
Produktion) und an das, was sie weltweit anrichten, ein Graus. Ich kann und will mich nicht damit abfinden: nicht mit den zerfetzten Männern, Frauen , Kindern und Greisen, nicht mit den unzähligen Verkrüppelten, nicht mit den Zerstörungen und Vertreibungen, nicht mit all den mutwilligen Verstößen gegen das Völkerrecht.“ (Ende des Zitats)

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Auftakt für unsere Route des Ostermarsches ist , wie schon in den
Vorjahren, der Halit-Platz.
Aus gegebenem Anlass, der 11. Wiederkehr des Mordes der NSU- Verschwörung gegen den gebürtigen Kasseler Halit Yozgat, möchte ich
auch dazu etwas sagen.

Deutschland ist ein hochmoderner Staat mit dem Anspruch, Recht und
Gesetz, also Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung durchsetzen zu können. Oft gelingt das sehr gut!

Warum aber tun sich im Falle des NSU nach rund 20 Jahren Ermittlung
und 4 Jahren Prozess immer mehr Fragen und Ungereimtheiten auf, als es plausible Erklärungen gibt.

Es wird immer noch versucht zu verschleiern und zu vertuschen.

Deshalb kann es nur die Forderungen geben:
  • Rückhaltlose Aufklärung.
  • Zerschlagung des NSU-Komplexes und Bestrafung ALLER Schuldigen.
  • Entlassung des ehemaligen Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas Temme als Mitarbeiter des Regierungspräsidiums, der mit Personalakten von Beamten befasst ist.

Jüngste Gutachten belegen erneut, dass Temme, der in Hofgeismar als
„kleiner Adolf“ bezeichnet wird, zur Tatzeit am Tatort war und das Opfer
Halit Yozgat gesehen haben muss.

Wir fordern nicht mehr, aber auch nicht weniger als Gerechtigkeit.

Nie wieder Faschismus!
Nie wieder Krieg



An der Rampe: Mechthild Middeke (Verdi)

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier am Mahnmal „die Rampe“ der Künstlerin Nele Bode erinnern wir an die Ausgrenzung und Ermordung von Menschen in der Zeit nationalsozialistischer Herrschaft. Renee Nele Bode ist die Tochter des Documenta Gründers Arnold Bode; sie hatte das Kunstwerk 1982 für die Ausstellung „Stoffwechsel K18 geschaffen; es ist seit 1985 auf dem Campus der Universität aufgestellt.

Wir sehen Gestalten die aus einem Güterwagen kommen, ohne Gesicht und nur in Konturen, Gestalten, die jeder Individualität und Menschenwürde beraubt sind. Sie stehen symbolisch für die vielen Millionen Menschen die von den Nationalsozialisten zwangsweise in Viehwaggons verladen worden sind und die einem unbestimmten Schicksal entgegenfuhren. Deportiert aus der Heimat, endete die Fahrt an den Vernichtungslagern, den Konzentrationslagern und den Arbeitslagern, wo die Menschen, die diese oft tagelangen Transporte eingepfercht und oft ohne Nahrung, überlebt hatten, aus den Waggons getrieben wurden. Wer nicht gleich aussortiert und den Gaskammern zugeführt wurde, der musste Zwangsarbeit leisten. In Kasseler Rüstungsbetrieben wurde 1000nde Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt.

Die Universität befindet sich hier auf dem Stammwerk-Gelände der Firma Henschel. Bei Henschel wurden während des 2. Weltkriegs Panzer, Lokomotivteile und LKWs hergestellt. Zur Produktion hat Henschel Kriegsgefangene und ausländische Zwangsarbeiter eingesetzt. Diese waren u.a. am Schäferberg (Espenau) untergebracht. Morgens um 5 Uhr verließen die Menschen das Lager und bewältigten zunächst etwa 6 Kilometer Fußmarsch bis sie gegen 19 Uhr abends zurückkehrten. Da hatten sie wiederum 6 Kilometer Fußmarsch und einem 10 Stunden-Arbeitstag hinter sich. Ausgemergelte und nur schemenhaft wahrnehmbare Kolonnen von Menschen hatte die Künstlerin in ihrer Kindheit bei den Besuchen ihrer Großeltern, die in der Nähe von Henschel wohnten, vorbeiziehen sehen.

Wir gedenken hier an diesem Ort der vielen Menschen denen die Nazis ihre Freiheit und ihre Menschenwürde geraubt haben. In der Ideologie der Nazis wurden all jene ausgegrenzt und als minderwertig, ja sogar als lebensunwert, angesehen, die nicht zum Volk der sog. „Herrenrasse“ gehörten.
Es ist wichtig in der Öffentlichkeit, in öffentlichen Räumen, Menschen mit dem Grauen des Nationalsozialismus zu konfrontieren und zu zeigen wohin die nationalsozialistische Propaganda vom deutschen Volk das gesunden muss, dass sich von fremden Elementen reinigen muss, hingeführt hat. Andersdenkende, Menschen anderer Herkunft, Menschen die aus vielfältigen Gründen nicht in das Konstrukt des deutschen Volkes gepasst haben, wurden erniedrigt, verfolgt, gequält, ja sogar vernichtet.
Und wieder hat das Konstrukt der Volksgemeinschaft Konjunktur.
„Wir sind das Volk“ so wie die Parole von Pegida, deren Ablegern und der Alternative für Deutschland, der AFD benutzt wird, hat wieder zur Folge, dass Menschen die hier leben und nicht in dieses Bild vom deutschen Volk passen und Menschen die aus Verfolgung und Krieg hierher kommen (wollen) ausgegrenzt werden.
Der Begriff "völkisch" sollte nicht mehr so negativ verstanden werden, sagte die Vorsitzende der AFD Frauke Petry der Welt am Sonntag im September letzten Jahres(11.09.2016). Man müsse "daran arbeiten, dass dieser Begriff wieder positiv besetzt ist". Es sei eine "unzulässige Verkürzung", wenn gesagt werde, "'völkisch' ist rassistisch".
Wer den Begriff des Völkischen wieder hoffähig machen will, wie Frauke Petri, ist eine geistige Brandstifterin. Wer Brandanschläge auf Flüchtlingsheime oder auf Moscheen, verübt, nimmt billigend in Kauf, dass dabei Menschen zu Schaden kommen. Diese Verbrechen passieren in unserer Gegenwart und das ist beschämend.
Dem müssen wir uns entgegensetzen und es gibt ja auch die andere Seite. Die Seite derjenigen, die in der Situation, wo viele Menschen als Flüchtlinge hierhergekommen sind, sich engagieren durch konkrete Hilfe oder durch politisches Engagement gegen Rassismus und für Menschenrechte, die uneingeschränkt gelten müssen.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“– so steht es im Grundgesetz. Menschenwürde zu achten und zu schützen – dafür engagieren wir uns und dies schließt den Kampf um soziale Gerechtigkeit ein. Wir dürfen es nicht zulassen, dass sich die soziale Spaltung unserer Gesellschaft weiter vertieft, dass sich Menschen abgehängt und ohne Perspektive sehen. Ungerechtigkeitserfahrungen und die Enttäuschung über die herrschende Politik sind der Nährboden für die Demagogie der Rechtspopulisten. Die Sündenbock-Zuschreibung, die damals den Juden alles gesellschaftliche Übel angedichtet hat, funktioniert in anderer Weise wieder. Heute sind es die Flüchtlinge, die Migranten oder die Muslime, gegen die Ressentiments entfesselt werden.

„Wir sind viele, wir sind eins!“ ist das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum diesjährigen 1. Mai. Wir sind viele: Wir sind Junge und Alte, Frauen und Männer, Migrantinnen und Migranten, Beschäftigte, Erwerbslose, Rentnerinnen und Rentner. Wir sind eins: Wir kämpfen für mehr soziale Gerechtigkeit und stehen für eine Gesellschaft, die die Würde der Menschen auch in der Arbeitswelt respektiert und schützt. Wir demonstrieren am 1. Mai für eine soziale, tolerante, demokratische und solidarische Gesellschaft in Deutschland und in Europa.“ so heißt es im Aufruf.

Wir leben in einer globalisierten Welt. Die Folgen von Krieg und Zerstörung an anderen Orten – außerhalb Europas, sind unmittelbar bei uns spürbar. Abschottung funktioniert nicht! Krieg, Terror, Verfolgung und Zerstörung der Lebengrundlagen zwingen immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Anstatt gegen die Fluchtursachen vorzugehen, geht es den regierenden vorrangig um Fluchtverhinderung, um Schließung der Fluchtwege. Das Asylrecht wird weiter eingeschränkt. Dabei hat Deutschland eine besondere Verantwortung, Flüchtlingen zu helfen: aufgrund der Geschichte, des Faschismus, aber auch aufgrund der wirtschaftlichen Situation. Deutschland ist Weltmeister im Export von Gütern, darunter auch Rüstungsgüter. Deutschland hat dazu beigetragen, dass es in der globalisierten Wirtschaft starke Ungleichgewichte gibt und deutsche Waffen kommen gerade in den Krisengebieten des Nahen Osten vielfach zum Einsatz, auf allen Seiten der Konfliktparteien.

„Frieden schaffen – ohne Waffen! Dafür gehen Menschen bei den Ostermärschen seit mehr als 50 Jahren auf die Straße. Frieden ist die Voraussetzung dafür, dass es eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung gibt, dass Umwelt- und Klimaschutz weltweit stattfinden kann. Wir dürfen in unserem Bemühen um Frieden nicht nachlassen, dass sind wir den Opfern, des schlimmsten Krieges, der von Deutschland ausging, schuldig.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!




Am Mahnmal für die Opfer des Faschismus berichtete Rolf Wekeck vom Kasseler Friedensforum über:

Nora Platiel

Eleonore Block (später Nora Platiel) wurde am 14. Januar 1896 als achtes Kind eines jüdischen Kaufmannes in Bochum geboren. Sie musste nach dem frühen Tod des Vaters als sechzehnjährige ihre Schulausbildung unterbrechen und die jüngeren Geschwister versorgen, zumal die drei älteren Brüder ab 1914 als Soldaten am 1. Weltkrieg teilnehmen mussten. Nach Beendigung des Krieges kam sie zur „Liga für Menschenrechte“. Durch ein Stipendium konnte sie 1922 in kürzester Zeit das Abitur nachholen. Vorher hatte sie noch u.a. als Sekretärin für den „Deutschen Bund für Mutterschutz und Sexualreform“ gearbeitet. Sie begann ihr Studium der Rechtswissenschaften, Philosophie und Volkswirtschaftslehre in Frankfurt a. M., wechselte nach Göttingen und beendete ihr Studium mit der Promotion. In Göttingen war sie Mitarbeiterin des Philosophen Leonard Nelson, dem Gründer des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). In die SPD war sie bereits 1922 eingetreten.
Ihre Ausbildung zur Referendarin machte Eleonore Block bei einem Kasseler Rechtsanwalt, der ebenfalls dem ISK angehörte. Ab 1931 arbeitete sie als Rechtsanwältin in Bochum und vertrat offen ihre Position als Sozialistin und Kriegsgegnerin. Sie war u.a. als Rechtsbeistand für Gegner der NSDAP und für die Rote Hilfe aktiv. Diese Hilfsorganisation war am 1. Oktober 1924 von der KPD gegründet worden, um den von der Justiz Verfolgten materielle, juristische und moralische Unterstützung zukommen zu lassen, denn die Justiz in der Weimarer Republik war auf dem rechten Auge blind.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde Eleonore Block u.a. aus „rassistischen Gründen“ aus der Anwaltsliste gestrichen und zur Auswanderung gezwungen. Sie floh nach Frankreich. Dort war sie in der Pariser ISK-Gruppe aktiv, arbeitete in Flüchtlingshilfsorganisationen mit, war Übersetzerin und schrieb für die Exilzeitschrift „Das Neue Tage-Buch“. In Paris beschloss sie, allen Widrigkeiten zum Trotz, ein Kind zu bekommen, den Vater heiratete sie jedoch nicht.
Nach dem Beginn des 2. Weltkrieges 1939 war Eleonore Block zeitweise im Camp de Gurs inhaftiert. Sie konnte von dort nach Montauban fliehen, wo sie in der Illegalität lebte und ihre späteren Mann Hermann Platiel kennenlernte. Vor der nachrückenden deutschen Wehrmacht musste die Familie wieder fliehen. Der Sohn wurde nach England gebracht, Hermann Platiel versteckte sich bei französischen Bauern und Nora Platiel entkam 1942 in die Schweiz. Dort wurde sie bis 1943 wieder in staatliches Gewahrsam genommen. Sie arbeitete in den folgenden Jahren zunächst ehrenamtlich und ab 1946 hauptamtlich für das „Schweizer-Arbeiter-Hilfswerk“. Nach dem Krieg fand die Familie wieder zusammen.
1949 kehrte Nora Platiel nach Deutschland zurück, ließ sich in Kassel nieder und trat wieder der SPD bei. In Kassel arbeitete sie als Landgerichtsrätin. 1951 wurde sie Landgerichtsdirektorin am Oberlandesgericht in Frankfurt a. M., Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshofes und Vorsitzende einer Entschädigungskammer zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts. 1954 wurde sie für 12 Jahre in den Hessischen Landtag gewählt.
Am 6. September 1979 starb Nora Platiel in Kassel.

Die Nora-Platiel-Straße liegt im Universitätsgelände der Nordstadt.