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Pressemitteilung vom 20. Juni 2014


Waffen für den Terrorkrieg: Rheinmetall macht gute Geschäfte - zu welchem Preis? Friedensbewegung kritisiert Deal mit Algerien

Pressemitteilung des Kasseler Friedensforums

Zu den am Mittwoch bekannt gewordenen Waffenexporten nach Algerien nahm der Sprecher des Friedensforums wie folgt Stellung:

Die Bundesregierung ist nie um eine Erklärung verlegen, wenn es um moralisch verwerfliche Rüstungsgeschäfte geht. Algerien, das Rüstungsmaterial von Rheinmetall in Höhe von ca. 2,7 Mrd. Euro geordert hat, ist, so verlautet aus Berlin, ein "Stabilitätsanker" in der nordafrikanischen Region und beteilige sich zudem am weltweiten Kampf gegen den Terror. Auch Saudi-Arabien ist ein solcher Stabilitätsanker, auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar sind von strategischer Bedeutung für Deutschland, also könne man ihnen Waffen nicht verweigern.

Dass alle diese Regime extrem autoritär geführt werden und Menschenrechte in diesen Ländern nichts gelten, spielt wieder einmal keine Rolle. Obwohl der Menschenrechtsaspekt sowohl nach dem Code of Conduct der EU als auch nach der Rüstungsexportrichtlinie der Bundesregierung ein wichtiges Kriterium bei der Erteilung von Exportgenehmigungen sein soll.

Bei Algerien kommt hinzu, dass sich die Regierung Bouteflika auf eine etwas seltsame Weise am "Kampf gegen den Terrorismus" beteiligt. Sind denn die vielen Massaker und extralegalen Tötungen vergessen, für die zum Teil "islamistische" Terroristen, zum Teil aber auch der algerische Geheimdienst verantwortlich war? In den 1990ern lieferten sich Islamisten mit dem Sicherheitsapparat einen brutalen Bürgerkrieg, dem bis zu 150.000 Menschen zum Opfer fielen. Beide Seiten verübten grausame Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Polizei und Militärs verhafteten Tausende und internierten und folterten diese teils jahrelang. Knapp 20.000 Menschen sollen verschwunden sein. Die Familien haben nie wieder etwas von ihren Angehörigen gehört und wissen nicht, ob sie nach wie vor in einem der hermetisch abgeriegelten Militärgefängnisse interniert oder tot sind. Die Verantwortlichen sitzen heute noch an den Schalthebeln der Macht in Algier.

Erschwerend kommt bei dem Waffendeal hinzu, dass auch der Aufbau einer eigenen Transportpanzer-Fabrik in Algerien geplant ist. Damit wird deutsche Rüstungstechnologie abgegeben ohne jegliche Möglichkeit, die Produktion auch wieder zu stoppen. Waffen und Gerät Made in Kassel kann dereinst unkontrolliert von Algerien aus in beliebige andere Staaten verbracht werden. Man braucht sich angesichts einer solchen Politik nicht zu wundern, wenn deutsche Waffen plötzlich bei Al-Kaida-Kämpfern in Afghanistan, Irak, Syrien, Somalia, Jemen oder Mali auftauchen.

Das Kasseler Friedensforum protestiert entschieden gegen den Waffendeal von Rheinmetall. Das Arbeitsplatzargument ist ein Scheinargument. Erstens ist der Kasseler Standort nach Angaben der HNA bestens ausgelastet, und zweitens darf nach den Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung nicht mit den Arbeitsplätzen argumentiert werden. Es heißt dort: "Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen."

Das Kasseler Friedensforum setzt sich weiterhin für einen Stopp der Rüstungsexporte und für eine arbeitsplatzsichernde Konversion (Umstellung) der Rüstungsproduktion auf die Herstellung ziviler Güter ein.

Für das Kasseler Friedensforum:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)