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Erweiterter Bundeswehr-Einsatz im Irak

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan
Junge Welt, 06.03.2018, ein Artikel von Jörg Kronauer

Im Stechschritt

Jetzt geht's Schlag auf Schlag: Neben der Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan wird das Bundeskabinett morgen auch ein neues Mandat für den Einsatz der Bundeswehr im Irak beschließen. Die Wochen, in denen man stillhalten musste, um die Mehrheit für die große Koalition beim SPD-Mitgliederentscheid nicht zu gefährden, sind vorbei. Nun läuft's rund: Nächste Woche wird der Bundestag über die Intervention beraten, übernächste Woche soll er zustimmen, und wenn alles nach Plan läuft, dann beginnt der neue Irak-Einsatz schon am 1. April. Hohes Tempo also – dabei hat der Schritt weitreichende Folgen, in mehrfacher Hinsicht.
Laut Mandatsentwurf sollen die deutschen Soldaten Angehörige der offiziellen irakischen Streitkräfte ausbilden. Das allein ist schon recht heikel: Der »Islamische Staat« beherrscht im Irak keine Territorien mehr, aber er ist durchaus noch präsent und verübt Terroranschläge. Wegen den fortbestehenden Verwerfungen in der irakischen Gesellschaft ist durchaus noch Nährboden für ihn vorhanden. Die Bundeswehr soll die irakischen Streitkräfte in die Lage versetzen, den IS niederzuhalten und ihn nach Möglichkeit ganz zu besiegen. Das klingt ziemlich ähnlich wie die Aufgaben der westlichen Truppen in Afghanistan. Diplomaten warnen bereits vor einer Entwicklung wie am Hindukusch. Dort gelang es ebenfalls nicht, gesellschaftliche Brüche zu überwinden und – in diesem Falle – den Taliban das Wasser abzugraben.

Nicht ohne Grund ist das Mandat zunächst auf sieben Monate begrenzt. Das hält den Ball zunächst eher flach – für den Fall, dass die irakischen Wahlen im Mai ein unerwünschtes Ergebnis bringen werden und mit der nächsten Regierung keine Kooperation möglich ist. Laut aktuellem Stand sollen bis zu 800 Soldaten auf die Air Base im jordanischen Al Azraq sowie in den Irak entsandt werden. Doch sieht das Mandat bereits vor, »der Bedarf« könne sich »weiterentwickeln«, sprich: die Aufstockung der Truppen wünschenswert machen. Bereits ab dem 1. November könnte dann eine deutlich höhere Zahl deutscher Soldaten entsandt werden.
Dabei rührt das plötzliche Interesse nicht daher, dass die Lage im Irak desolat ist – das ist sie schon seit Jahren. Neu ist, dass sich der Einfluss Irans im Irak immer weiter verfestigt, und zwar mittels der Al Hashd al Shaabi-Milizen, der Popular Mobilization Forces, auch militärisch. »Einheiten und Verbände« der »Popular Mobilization Forces« sind laut Mandat ausdrücklich von Trainingsmaßnahmen der Bundeswehr ausgeschlossen, die im Irak de facto westlichen Einfluss sichern, iranischen Einfluss zurückdrängen soll. Teheran wird sich wohl hüten, in Konflikt mit Berlin zu geraten. Ob das allerdings auch für die irakisch-schiitischen Milizen gilt, zu deren Marginalisierung der deutsche Irak-Einsatz beitragen soll, steht in den Sternen. Klar ist nur: Konfliktpotenzial ist in großem Umfang da.