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It’s the oil, stupid!

Von Volker Hermsdorf, Junge Welt, 09.02.2019

Washington redet von Demokratie und »humanitärer Hilfe«. Tatsächlich geht es um Bodenschätze

John Bolton, der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, sagte es im Gespräch mit dem Wirtschaftssender Fox Business ganz offen: »Wir sind im Gespräch mit den wichtigsten amerikanischen Unternehmen, damit sie das Öl in Venezuela produzieren.«

Das südamerikanische Land verfügt nicht nur über die größten bestätigten Erdölvorkommen der Welt, sondern ist zudem reich an weiteren natürlichen Ressourcen wie Silber, Platin, Diamanten, Kohle, Eisenerz, Aluminium, Bauxit, Mangan, Titan und Phosphaten. Seit Ende der 1980er Jahre im Grenzgebiet zu Guyana ausgedehnte Goldvorkommen entdeckt wurden, verfügt Venezuela zudem über die zweitgrößten Goldreserven weltweit. Darüber hinaus ist es eines der Länder mit den größten Erdgasvorkommen, hier liegt es auf Platz acht der Weltrangliste.

Trotz der von Washington gegen das Land verhängten Sanktionen ist Venezuela noch immer der viertgrößte Ölzulieferer für die USA. Das texanische Unternehmen Citgo, das ein landesweites Tankstellennetz betreibt, ist eine Tochter der venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA. Dieser Staatskonzern ist die Haupteinnahmequelle des Landes.
SV03 Babelsberg

Trumps Finanzminister Steve Mnuchin, ein Millionär und ehemaliger Banker, legte dem Putschisten Juan Guaidó nahe, Citgo und PDVSA zu nutzen, um seine nicht gewählte Parallelregierung zu finanzieren. Folgsam kündigte Guaidó nur wenige Stunden, nachdem er sich am 23. Januar selbst zum »Interimspräsidenten« erklärt hatte, an, PDVSA umzustrukturieren und zu privatisieren, um multinationalen Konzernen den Zugriff auf die größten Ölreserven der Welt zu ermöglichen. Dabei kümmerte ihn nicht, dass Venezuelas Verfassung – auf die er sich sonst gerne beruft – eine Privatisierung des Ölkonzerns ausdrücklich verbietet.

Washington geht es auch darum, China und Russland den weiteren Zugang zum venezolanischen Öl zu versperren. Anfang Dezember 2018 hatten Caracas und Moskau bei einem Besuch von Nicolás Maduro in Russland eine Investitionsvereinbarung über fünf Milliarden US-Dollar unterzeichnet, mit der die Ölproduktion Venezuelas um eine Million Barrel pro Tag erhöht werden soll. Zudem vereinbarten beide Seiten, mehr als eine Milliarde Dollar in den venezolanischen Bergbau zu investieren, hauptsächlich in den Goldabbau. Bereits zuvor hatte Venezuela auch mit China umfangreiche Abkommen zur Modernisierung der Ölindustrie unterzeichnet. Caracas sieht in der Zusammenarbeit mit diesen Mächten ebenso wie in der Kooperation mit Staaten wie dem Iran, der Türkei oder Indien eine Möglichkeit, den Wirtschaftskrieg des Westens zu überstehen und seine Souveränität zu wahren. »Humanitäre Maßnahmen«, wie sie die USA und andere Staaten angekündigt haben, lehnt Maduro dagegen ab: »Wenn sie Venezuela helfen wollten, müssten sie nur die Wirtschaftssanktionen aufheben und die blockierten Bankkonten freigeben.«

Tatsächlich wird eine als Hilfe getarnte Intervention bereits seit Jahren vorbereitet. Schon im Juni und November 2017 fanden direkt vor der Küste und den Landesgrenzen Venezuelas umfangreiche Militärmanöver unter dem Oberbefehl des Südkommandos der US-Streitkräfte »Southcom« statt, die unter anderem als Übungen für »humanitäre Hilfseinsätze« dargestellt wurden. Um Unterstützung der Bevölkerung geht es den US-Militärs jedoch nicht, sondern um einen Regime-Change in Venezuela. Wie das Wall Street Journal am 30. Januar unter Berufung auf »interne US-Regierungsquellen« berichtete, wäre ein Sturz der Regierung in Caracas zudem nur der erste Schritt, als nächstes würden Kuba und Nicaragua in das Visier des Pentagon geraten. Als Grund dafür nennt die US-Zeitung die engen Beziehungen aller drei Staaten zu Russland und China.

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