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Zwanzig Jahre nach dem NATO-Krieg: Das lange Schweigen

Foto: fewerton/Shutterstock.com
Bericht mit Informationen aus dem Artikel von Gerd Schumann (JW, 3. Juli 2019) über das 2. Symposium gegen den Einsatz von Uranmunition im serbischen Nis im Juni 2019.

Zwanzig Jahre nach dem NATO-Krieg gegen die ehemalige „Bundesrepublik Jugoslawien“ sind die Kriegsfolgen für die Bevölkerung noch immer sehr schwerwiegend und eine Besserung der Situation ist nicht absehbar. Verschossene nicht explodierte Streumunition und mehr als 10 Tonnen Uranmunition gefährden die Menschen noch auf unabsehbar lange Zeit. Uranmunition besteht aus abgereichertem Uran der Atomindustrie und wird für bunker- und panzerbrechende Waffen eingesetzt. Die bei der Explosion freigesetzten Uranoxidaerosole sind Alfastrahler, also stark radioaktiv wirksam, wenn sie in den Körper gelangen. Sie können Krebs, Erbgutschäden und Missbildungen verursachen. Besonders aus dem Irak sind die verheerenden Folgen bekannt. In Serbien stieg die Krebsrate nach dem Krieg von 1999 bedenklich an. (1) Nach Angaben der Neurochirurgin Danica Grujicic gegenüber der Tageszeitung "Blic" hat der Anstieg das 2,7-fache des globalen Durchschnitts betragen. (2)
Der Initiator des Symposiums, Professor Srdan Aleksic sagte: “ Zwischen 2000 und 2019 sind 15.000 bis 18.000 Menschen verstorben. Bis zu 30.000 erkrankten an Krebs. Viele Ärzte vertreten mittlerweile die Ansicht, dass Uranmunition die Verursacherin ist.“
Beim mehrtägigen internationalen Symposium referierten Experten, Wissenschaftler und Juristen aus Serbien, Bulgarien, Russland, Malta, Griechenland, Deutschland und der Schweiz über ihre Kenntnisse mit der Absicht endlich etwas zu bewegen. Das ist nicht einfach, denn der politische und ökonomische Einfluss des Westens birgt ein erhebliches Erpressungspotential. Auch die angestrebte EU- Mitgliedschaft spielt hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Im Rahmen des 2. Symposiums sollte eine Exkursion in die südserbische Stadt Vranje stattfinden. Die UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) hatte in einer Studie bestätigt, dass dort Uranmunition eingesesetzt worden war. (3) Für die Exkursion waren Gespräche von Fachleuten mit betroffenen Menschen, Helfern, Medizinern und mit dem Bürgermeister geplant. Aber die Exkursion fand nicht statt. Der belgrader US-Botschafter Kyle Scott hatte den Bürgermeister in Vranje kontaktiert. Scott soll ein finanzielles Angebot für den Bau eines Kindergartens in Höhe von immerhin 250.000 Dollar gemacht haben.
Auch die politischen Vertreter aus Belgrad, darunter Vertreter verschiedener Ministerien, die eigentlich am Syposium teilnehmen wollten, machten einen Rückzug und entzogen ihre Unterstützung. Vermutungen kursierten, dass die Vertreter der NATO im Verbindungsbüro zum Generalstab der serbischen Armee Einfluss genommen haben könnten, aber dafür gibt es keinerlei Bestätigung.
Niemand aus der NATO musste sich bislang für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verantworten. Im Verlauf des Symposiums drängte sich der Eindruck auf, dass es eine komplexe Angelegenheit mit vielen Hindernissen ist, die NATO zu verklagen.
Die Rechtsfrage der Entschädigung für Betroffene, die unter den Folgen des Einsatzes von Uranmunition leiden müssen, ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen, das sich in der Umsetzung schwierig gestaltet. (4) In Italien waren etwa 40 Gerichtsverfahren von im Kosovo eingesetzten Soldaten erfolgreich und haben zu Entschädigungszahlungen geführt, aber das italienische Verfahren ist wohl nicht einfach auf andere Länder und auf Zivilisten übertragbar.
Eine weitere neue internationale Initiative wird nun angestrebt. Aleksic erläutert dazu: „Wir bemühen uns um einen Vertrag, wonach westliche Länder helfen die Probleme zu beseitigen.“

B. Malzahn, 29. Juli 2019

Quellen:

Gerd Schumann, Junge Welt, 3. Juli 2019 „ Das lange Schweigen“

(1) Konsequenzen der Bombardierung der Bundesrepublik Jugoslawien mit abgereichertem Uran im Jahr 1999, Dr.Phil.Barbara Hug, Dr. phil. Niels Peter Ammitzboell https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/012156.html

(2) https://www.derstandard.de/story/2000080495404/streit-um-angeblich-durch-nato-bomben-verursachte-krebsfaelle

(3) Seite 7 und 8 https://www.kasseler-friedensforum.de/pdf/Uranwaffen-PetitionundBegr%C3%BCndung_final(1).pdf

(4) https://www.rubikon.news/artikel/der-schleichende-genozid/

Weitere Informationen: https://www.uranmunition.org/20-jahre-danach-opfern-des-nato-einsatzes-auf-dem-balkan-muss-geholfen-werden/