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Diskussion zur Friedenspolitik mit Herrn Ippen

Dirk Ippen, der Verleger von mehr als 10 Zeitungen, veröffentlichte am 17. Februar 2018 in der HNA den Artikel: "Konferenz am Ende aller Sicherheit?" Die LeserInnen wurden aufgefordert ihre Sicht zur Sicherheitspolitik mitzuteilen.
Rolf Wekeck vom Kasseler Friedensforum hat am 21. Februar 2018 darauf geantwortet und bezieht in seinem Brief mit klaren friedenspolitischen Positionen Stellung.


Guten Tag Herr Ippen,

auf Ihr Angebot „Schreiben Sie an ippen@hna.de“ gehe ich ein, obwohl der mediale Machtunterschied zwischen Ihnen, dem Verleger, und mir, dem Leser, dem entgegensteht. Aber ich setze weiterhin darauf, dass sich Sichtweisen ändern können.
In ihrem Artikel schreiben Sie „Gerade wir Deutschen leben gefährlich in einer immer bedrohlicheren Welt“. Womit begründen Sie das Wort „gerade“? Angesichts der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt, ist das Leben in Deutschland sicher. Wenn Sie damit die Terrorgefahr angesprochen haben, so muss man zur Kenntnis nehmen, dass diese seitdem 11. September 2001 nicht kleiner sondern größer geworden ist. Und dies liegt daran, dass mit falschen politischen Entscheidungen, wie dem Afghanistankrieg, auf den Terrorismus reagiert wurde.
Wie Sie von „der Vernachlässigung der Bundeswehr“ schreiben können, ist mir angesichts der Höhe des Verteidigungsetats ein Rätsel. Über Jahrzehnte wurden zig Milliarden aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt. Wie damit umgegangen wurde und wird, ist angesichts der vielen Mängel von der Winterkleidung bis zu den Panzern zu hinterfragen. Was allerdings von den Rüstungsbeschaffungen mit ihren zahlreichen Pannen, siehe z.B. Militärhubschrauber NH 90, bekannt wurde, lässt auf völlig unzureichenden Umgang mit den finanziellen Mitteln für die Bundeswehr schließen. Die Beschränkung der Bundeswehr auf die Grundgesetz gemäße Landesverteidigung wurde aufgegeben. Die Auslandseinsätze verschlingen Milliarden, ohne dass jemals der Nutzen hinterfragt und Ziele erreicht wurden.
Meinen Sie das ernsthaft, wenn Sie von den USA als „Ordnungsmacht“ sprechen? Haben Sie den USA-Einmarsch im Irak 2003 und andere Interventionen vergessen?
Die Herrschenden im Iran sind sicher keine Friedensfreunde. Aber sie haben nach Urteil der EU den Atomvertrag bisher erfüllt. Warum schreiben Sie nicht von der Gefahr, die vom US-Präsidenten in diesem Zusammenhang ausgeht?
Das Nato-Land Türkei hat mit dem Einmarsch in Syrien massiv das Völkerrecht gebrochen. Das ist erheblich mehr als einen „Feldzug begonnen“ wie Sie schreiben.
Die Nachkriegsordnung wurde nicht erst seit der „Annexion der Krim“ infrage gestellt, sondern bereits mit dem Vorrücken der Nato in die ehemaligen Ostblockländer. Hier wurden Zusagen im Zusammenhang mit der Vereinigung Deutschlands gegenüber Russland nicht eingehalten. Und wenn Sie die gewaltsamen Veränderungen von Grenzen kritisieren, müssen Sie auch den Kosovo erwähnen.
Wie können Sie schreiben „In der Nato müsste jetzt eigentlich eine Nachrüstungsdebatte geführt werden“. So wurde bereits in den 80er Jahre argumentiert. Strickmuster: Der Feind kann uns neunmal vernichten, wir ihn aber nur achtmal. Angesichts der technischen Fähigkeiten der Waffenarsenale und ihrer Vielzahl ist ihr Stationierungsort unbedeutend.
Am wenigsten ist Ihre Einschätzung zu den Militärausgaben nachzuvollziehen. Die finanziellen Aufwendungen für das Militär sind sicher ein Maßstab für die militärische Stärke. Hier sind die Nato-Länder auch ohne die USA Russland weit überlegen. (Deutschland und Frankreich etwa 97 Mrd. US-Dollar, Russland etwa 70 Mrd. US-Dollar.) Eine Erhöhung des Verteidigungsetats auf 2% des Bruttosozialproduktes ist kein Beitrag zum Frieden, sondern bedient die Kalten Krieger und Rüstungsfirmen wie Rheinmetall, Kraus-Maffei Wegmann usw..Sie schreiben „Notwendig allerdings wäre, künftig 1,5 Prozent, eigentlich aber sogar 2 Prozent des Bruttosozialproduktes für Verteidigung auszugeben“. Dies lässt sich nicht begründen, denn mehr Waffen bedeuten mehr Kriege und weniger Sicherheit. Letzteres zeigt auch der Zivilbereich der USA. Es ist auch keine politische „Leistung“, immer mehr Geld für das Militär auszugeben. (Dies führt übrigens zwangsläufig zur Vernachlässigung der zivilen Aufgaben im Lande.) Es müsste bei den Regierenden längst angekommen sein, dass internationale Sicherheit nicht mit militärischen Mitteln zu erreichen ist, sondern dass Diplomatie und Entwicklungshilfe vorrangig dazu beitragen.
Wir sind auch nicht „darauf angewiesen, den Schutz der….Atommächte….zu erhalten“. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Kriegsgefahr durch die Atomwaffen größer geworden ist, da ihre Modernisierung flexiblere Einsatzmöglichkeiten bietet. Nicht umsonst haben 122 Länder in der UNO einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen unterzeichnet. Und mit den Atombomben in Büchel/Eifel, die gemäß Bundestagsbeschluss von 2010 längst abgezogen sein müssten, sind wir bei der atomaren Teilhabe vertreten.

Es ist für mich nicht abzusehen, wie Sie mit meinem Schreiben umgehen werden. Ich hoffe aber, dass Sie es lesen, wie ich Ihren Artikel gelesen habe.
Leider wird in der Politik zu wenig über das Thema Friedenssicherung diskutiert, obwohl das für uns alle elementar ist. Das Nichtbehandeln zeigte auch der letzte Bundestagswahlkampf.
Mein Schreiben ist auch der Versuch, eine öffentliche Diskussion anzuregen.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Wekeck


Hier kann der Artikel von Herrn Ippen gelesen werden.