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Termine

Redebeiträge zum Tag der Bundeswehr

Demonstration am 15. Juni 2019 auf dem Hessentag
15.06.2019 in Bad Hersfeld

Willi van Ooyen:

Ende Mai 2014 stellte die Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen die sogenannte Attraktivitätsoffensive vor, mit der sie seither versucht, die leeren Ränge bei der Bundeswehr mit Rekrutinnen zu füllen. Ganze 29 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 100 Mio. Euro sollten bis 2020 dafür sorgen, „die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zu machen“.

Eines der acht Themenfelder umfassenden Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders“ heißt „Verankerung in der Gesellschaft“. Neben dem „Fördern lokaler Ausstellungen von Bundeswehr-Standorten, die die Geschichte und Verankerung in der Region dokumentieren“ und der Einführung des Preises „Bundeswehr und Gesellschaft der „Personen und Institutionen auszeichnet, die sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen in besonderem Maße für die Belange der Bundeswehr oder ihrer Angehörigen einsetzen“, wurde auch der bundesweite, jährliche Tag der Bundeswehr als Teil einer größer angelegten Werbe- und Rekrutierungsstrategie eingeführt.

Seit 2015 versucht die Bundeswehr an diesem Tag, die überwiegend kritische Haltung in der Bevölkerung gegenüber den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und dem stetig steigenden Rüstungshaushalt zu beeinflussen und das weiterhin bestehende Problem der fehlenden Rekrutinnen zu lösen. Denn diese Rekruten braucht man für die vielen Auslandskriege.

Das Militär holt die Gesellschaft in seine Kasernen oder auf die Festplätze, um in Volksfestatmosphäre seine Kriegsgeräte zu präsentieren und sie mittels Technikbegeisterung und Abenteuerlust für sich zu gewinnen. Auffallend ist, dass an den meisten Standorten explizit ein Kinderprogramm auf die Beine gestellt wird – somit droht das Militär durch das „persönliche Erleben“ von Kind an mit vermeintlichem Spaß und Spiel in Verbindung gebracht zu werden. Dies soll sich mit Spielzeugen und Computerspielen von Amazon (wo wir schon mal hier in Bad Hersfeld sind) und Co. dann im Alltag in die Köpfe einprägen.

Den Menschen wird nicht gesagt, dass sie als Kanonenfutter für die nächsten Kriege gebraucht werden. Hier soll für das Töten und Sterben geworben werden. Dass Menschen auf weltweiten Schlachtfeldern töten oder getötet werden oder traumatisiert zurückkommen, muss verhindert werden.

Die Bundesregierung erachtet das öffentliche Auftreten von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Uniform als eine selbstverständliche Normalität und als gelebten Ausdruck des Leitbildes des Staatsbürgers in Uniform.“ Beim Tag der Bundeswehr“ geht es auch darum, die angestrebte Normalisierung der Militäruniform und dessen, wofür diese steht, zu erreichen. Umso wichtiger ist es daher, diesen Versuch der Normalisierung zu stören.

In den letzten Jahren fand der Tag der Bundeswehr an jeweils vierzehn bis sechzehn Standorten statt – entweder fuhren die Soldatinnen mit ihren Kriegsgeräten in die Städte oder öffneten die Tore ihrer Kasernen und Institute. Die Kosten dieses militärverherrlichenden Spektakels lagen im Jahr 2017 bei rund 24,63 Millionen Euro – aktuellere Zahlen sind noch nicht veröffentlicht worden.

Noch ist bei solchen Vorkommnissen ein Empörungspotenzial da, welches unbedingt erhalten und erhöht werden muss. Es scheint für viele erschreckenderweise einen Unterschied zu machen, ob ein Kleinkind nun mit einer Schusswaffe spielt oder auf einen Kampfpanzer klettert, auch wenn es sich in beiden Fällen um tödliche Waffen handelt.

An allen Standorten gibt es unterschiedliche Unterhaltungs-Programme – mit vergleichbarem Konzept. Ausgestellt werden mit Drohnen, Kampfjets, Panzern und Transportfahrzeugen unterschiedliche Waffensysteme und Großgeräte. Manchmal - wie hier auf dem Hessentag - soll mit Programmen für behinderte Menschen das Ziel der Mobilisierung für den Krieg verdrängt werden. Oftmals werden Diskussionsveranstaltungen organisiert, bei denen die Bundeswehr und die Bundesregierung einseitig für Auslandseinsätze und militaristische Politik werben.

Die Planung des Tages erlaubt es der Bundeswehr zudem, ihre zivil-militärische Zusammenarbeit auszuweiten: „Ob Städte, Gemeinden oder Landkreise, ob Vereine, Verbände oder Reservisten – sie alle organisieren die regionale Ausplanung dieses besonderen Tages Seite an Seite.

In den letzten Jahren protestierten antimilitaristische Gruppen bundesweit unter dem Motto „Kein Tag der Bundeswehr“ und heute wieder.
Zwar blendet die Bundeswehr diesen Widerstand gerne in ihren Berichten aus, doch bislang gelingt es, an fast allen Standorten Protest zu organisieren. Auch hier in Bad Hersfeld.

Ich finde es empörend, wenn mit einem Slogan „Gas, Wasser, Schießen“´ Handwerker für die Bundeswehr gesucht werden sollen, wie auf den Plakaten zu lesen ist.

Vielleicht empfindet die Bundeswehr oder das Verteidigungsministerium einen solchen Slogan besonders witzig. Ich empfinde die Werbung zynisch. Das Wort „Gas“ im Zusammenhang mit Schießen und Militär lässt wenig Fingerspitzengefühl und kein geschichtliches Bewusstsein bei den Verantwortlichen erkennen, Es waren deutsche Soldaten, die im Ersten Weltkrieg erstmals Gas in einem Krieg eingesetzt haben. Und in den Gaskammern der Konzentrationslager sind während des Faschismus Millionen Menschen damit umgekommen.

Ich fordere das Bundesverteidigungsministerium auf, die Werbe­kampagne zu stoppen. Mit solchen Slogans sorgt die Bundeswehr sicher für Aufmerksamkeit, aber vielleicht - und das drängt sich bei der Ausweitung der weltweiten Kriegseinsätze auf - will von der Leyen bewusst an diese Tradition anknüpfen.
Wenn die Bundeswehr den Zugang zum Handwerk verstärken will, müsste sie auch die Schreiner und die Sarglager einbeziehen.

Europa ist kein Friedensprojekt. In Europa findet Krieg statt. Vor 20 Jahren wurde Jugoslawien völkerrechtswidrig überfallen; immer noch sind dort 2.500 Soldaten im Einsatz. Deutsche Soldaten sind seit 18 Jahren in Afghanistan im Krieg. Der Mord an 140 Menschen in Kundus durch eine Bundeswehr Aktion am 4. September jährt sich zum 10. Mal. Mali, Syrien, Irak, Sudan und am Horn von Afrika sind einige Länder in denen die Bundeswehr die imperialen Interessen der Bundesrepublik durchsetzen soll. Wir sagen Schluss mit Krieg und Rüstung.

Wir wissen: Krieg, Militär und Rüstung lösen keine Probleme. Im Gegenteil: Krieg und Militär zerstören eine friedliche, gerechte und ökologische Welt. Deshalb fordern wir: „Abrüstung statt Aufrüstung“. Wir sind deshalb hier auf dem Hessentag um für eine friedliche, gerechte und ökologische Zukunft zu werben.


Rolf Wekeck:

Ich werde etwas zu dem Thema Bundeswehr und deren Geldverschwendung sagen. Denn dieses Thema erfährt leider öffentlich viel zu wenig Aufmerksamkeit. Die Verschwendung von Steuermitteln beim sogenannten Verteidigungsetat, der 2019 43 Mrd Euro beträgt, ist gigantisch.
Zum einen ist eine materielle Betrachtung angesagt, zum anderen ist die ideologische Seite aufzuzeigen.
Nicht erst seit der Gorch Fock und den vielen aktuellen Beraterverträgen muss man feststellen, dass bei den Militärausgaben die Steuermittel zum Fenster rausgeschmissen werden. Schon der Skandalminister Franz Josef Strauß bestellte 1957 mit dem HS 30 einen Schützenpanzer, von dem es keinen einzigen Prototypen gab. Auch der Starfighter wurde ohne Erprobung bestellt. Das Ergebnis: Häufige Abstürze mit tödlichen Folgen.
Diese Pannenserie bei der Beschaffung von Material für die Bundeswehr wird bis heute fortgesetzt: Militärhubschrauber, Transportflugzeug, Eurofighter, Sturmgewehr. Alles ist mit explodierenden Kosten oder technischen Problemen verbunden. Unbegreiflich ist es, dass dieses immer noch keine Folgen hat, weder für die Hersteller noch für die Verantwortlichen. Der industrielle militärische Komplex arbeitet weiterhin sehr erfolgreich. Und der Irrsinn wird mit der Forderung nach einem Flugzeugträger noch gesteigert.
Nun zur ideologischen Seite der Steuermittelverschwendung. Die Forderung der Nato, 2% des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung auszugeben hat mit Sicherheitspolitik und Landesverteidigung nicht das Geringste zu tun. Um diesen Wahnsinn der Bevölkerung zu verkaufen, werden wieder Feindbilder aufgebaut: Russland! Das ist sowohl geografisch als auch kräftemäßig nicht zu begründen. Sagte man früher, die Russen stehen vor der Tür, so muss man heute sagen, die Nato steht vor der Türe Russlands. Und wer sich die Militärausgaben ansieht und eins und eins zusammenzählen kann, der stellt fest, dass allein die Militärausgaben Frankreichs höher sind als die von Russland. Von der etwa 15fachen Überlegenheit der Nato ganz schweigen.
Wenn mehr Finanzmittel zur Verbesserung im Bildungsbereich, im Gesundheits- und Pflegewesen, der Infrastruktur usw. gefordert werden, sind die Regierenden knapp bei Kasse. Wenn es aber um mehr Geld für die Bundeswehr geht, dann gibt es keine Grenzen.

Es ist höchste Zeit, sich dagegen zu wehren. Deshalb muss es heißen: Massive Kürzungen des sogenannten Verteidigungsetats, Abrüstung statt Aufrüstung!