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Die Explosion deutscher Militärausgaben - wofür?

Im Rahmen der Schriften zur Friedenspolitik der NaturFreunde Berlin ist die Broschüre „Die Explosion deutscher Militärausgaben - wofür?“ von Lühr Henken erschienen. Der Inhalt gibt seinen Vortrag wider, den er im Rahmen der Reihe „Frieden konkret“ der NaturFreunde Berlin und der NaturFreunde Hamburg gehalten hat. Im Vorwort beschreibt Michael Müller, der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands, die friedenspolitische Lage. Die Broschüre kann kostenfrei bei den NaturFreunden Berlin bestellt werden.
E-Mail: info@naturfreunde-berlin.de


Lühr Henken*

Die Explosion deutscher Militärausgaben -wofür?
(1)

Bis zum Ukrainekonflikt 2014 hatte sich die Bundesregierung bezüglich einer Erhöhung des Rüstungshaushalts zurückgehalten.(2) Jedoch, so war es dem SPIEGEL zu entnehmen: „war (es) die Bundesregierung, die im Nato-Rat mehrere Vorschläge machte, um die Mitglieder zu höheren Militärausgaben zu animieren.“(3) -Also nicht Obama und schon gar nicht Trump. Von letzterem war zu der Zeit noch keine Rede. Hier kamen nationale deutsche Ambitionen zum Ausdruck. Der NATO-Gipfel in Wales 2014 beschloss, dass sich die Mitgliedstaaten bis 2024 auf eine Erhöhung der Militärausgaben zubewegen sollen, die zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP) entsprechen. Damals lag der Anteil der NATO-Mitglieder ohne die USA bei 1,43, in Deutschland bei 1,19 Prozent. (4) Klar ist, die NATO-Aufrüstung richtet sich gegen Russland. Anknüpfend an die Zeit des Kalten Krieges wird den Russen ständig eine Angriffsabsicht auf NATO-Gebiet unterstellt, gegen die wir uns hier zu verteidigen hätten. Das ist ein Standardargument, das kaum noch jemand hinterfragt, und insofern eigenartig, weil Fakten offen auf dem Tisch liegen, die diese Behauptung als absurd entlarven.

Die Kräfteverhältnisse

Schauen wir die militärischen Kräfteverhältnisse im konventionellen Bereich an. Dort herrscht ein immenses Ungleichgewicht zugunsten der NATO (5) im Vergleich zu der 2002 gegründeten östlichen „Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit“, kurz OVKS. Diese hat folgende sechs Mitglieder: Armenien, Kasachstan, Kirgistan, Russland, Tadschikistan und Weißrussland. Werfen wir einen Blick auf die schweren konventionellen Waffen beider Seiten. Die NATO hält das Doppelte an Kampfpanzern im aktiven Dienst, verfügt über fast 90 Prozent mehr an gepanzerten Kampffahrzeugen, hat das 3,8fache an Kampfflugzeugen und das 5,3fache an Kampfhelikoptern aktiviert. (6) Und die NATO hat das 7,7fache an hochseegängigen Überwas-serkampfschiffen und das 2,7fache an taktischen U-Booten. (7) Auch ein Blick auf die Militärausgaben zeigt ein krasses Ungleichgewicht zugunsten der NATO. So ermittelte SIPRI, das internationale Friedensforschungsinstitut in Stockholm, für 2019 einen Wert für Russlands Militärausgaben von 65 Milliarden Dollar, der Wert für die NATO addierte sich damals auf 1.035 Milliarden Dollar –das ist fast das 16-fache.
Für 2020 schätzt die NATO die Ausgabensumme ihrer 30 Mitglieder auf zusammen 1.092,5 Mrd. US-Dollar (8). Auch wirtschaftlich ist der Unterschied sehr gravierend: fast 24 zu 1 zu Gunsten der NATO-Länder (9). Die NATO verfügte nach eigenen Angaben 2019 über 3,245 Millionen aktive Soldatinnen und Soldaten (10), davon 1,912 Millionen in Europa (11). Russland hat laut Jahresabrüstungsbericht 2019 der Bundesregierung seine Soldat*innenzahl von 2018 auf 2019 reduziert: von 900.000 auf 728.000 (12) –mithin um fast ein Viertel. Das bedeutet eine mehr als vierfache NATO-Überlegenheit.

Was bedeuten zwei Prozent des BIP für unser Land?

Kommen wir zur deutschen Politik. Die Bundesregierung richtet ihre Aufrüstungsanstrengungen auf Großmachtkonkurrenz aus. Sie nennt das Landes-und Bündnisverteidigung und hat dabei vor allem Russland, zunehmend aber auch China im Visier. Sie fährt ihren Aufrüstungskurs, den sie aus dem Zwei-Prozent-Ziel-Beschluss der NATO-Regierungschefs 2014 ableitet, zweigleisig. Indem sie zum einen die Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO betont, stellt sie zugleich Weichen für eine militärische Unabhängigkeit der EU von den USA. (Fern-)ziel ist die Schaffung einer europäischen Armee. Ich zähle einige Marksteine der Ausgabenentwicklung der letzten Jahre auf. 2015 gab die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bekannt, dass bis 2030 insgesamt 130 Milliarden Euro benötigt würden, um neue Ausrüstungen und Waffen zu kaufen. (13) 2018 kündigte sie bei der NATO an, dass die Regierung sich verpflichte, bis 2024 1,5 Prozent des BIP für die Bundeswehr ausgeben zu wollen. Das wären dann 62,5 Milliarden Euro nach Kriterien der NATO. (14) Ihre Nachfolgerin im Amt, Annegret Kramp-Karrenbauer („AKK“), gab im Oktober 2019 das Zieljahr, in dem das Zwei-Prozent-Ziel erreicht werden soll, mit 2031 an. (15) Der damalige Wehrbeauftrage des Bundestages Bartels sprach 2019 bei der Aufrüstung der Bundeswehr von einem 12-Jahres-Plan. (16)

Wie hoch sind die deutschen Militärausgaben derzeit

Die NATO hat für 2020 51,5 Mrd. Euro (+ 4,6 Mrd. Euro oder + 9,8 Prozent gegenüber 2019) errechnet. (17) Der Militäranteil am BIP wuchs von 1,26 Prozent (2018), über 1,36 Prozent (2019) auf 1,57 Prozent (2020), liegt demnach also schon über dem von von der Leyen erst für 2024 anvisierten Wert von 1,5 Prozent am BIP. Die FAZ vermerkt dazu: „Allerdings ist der Wert vor allem deshalb gestiegen, weil die Coronavirus-Pandemie zu einem Rückgang der Wirtschaftskraft geführt hat. Vor der Krise war mit einer Quote von 1,42 Prozent gerechnet worden.“ (18)

Interessant ist die Frage:

Wie hoch sind die deutschen Militärausgaben, wenn sie 2031 zwei Prozent des BIP betragen sollen?

Um die Frage zu beantworten, muss man wissen, wie hoch das BIP im Jahr 2031 sein wird. Augenblicklich stecken wir mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch die Pandemie massiv verstärkt wird, was eine Prognose erschwert. Aber es gibt Abschätzungen aus der Zeit vor der Krise und es gibt Abschätzungen über die Dauer der Krise, so dass man für die Zukunft eine Prognose wagen kann. Vor der Krise beliefen sich die jährlichen durchschnittlichen Steigerungen des deutschen BIP der Jahre 2013 bis 2023 auf etwa 111 Mrd. Euro pro Jahr (19), für 2025 ging die Bundesregierung von einem BIP von 4.166 Mrd. Euro aus, so dass eine Fortschreibung des BIP-Zuwachses bis 2031 ein BIP von 4.830Mrd. Euro zur Folge gehabt hätte. Davon zwei Prozent hätten 2031 annähernd 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ergeben.Bei der Dauer der aktuellen Krise hat sich die Bundesregierung vorläufig darauf festgelegt, dass im ersten Halbjahr 2022 das Vorkrisenniveau wieder erreicht sein wird. (20) Das heißt, die Krise dauert etwa zweieinhalb Jahre. Somit beträgt die Verschiebung etwa auch so lange -zweieinhalb Jahre. Legen wir die Annahme aus dem aktuellen Bundesfinanzplan –der die Folgen der schweren Rezession berücksichtigt - zugrunde, geht die Bundesregierung 2024 von einem BIP von 3.830,3 Mrd. Euro (21) aus. Nehmen wir an, das BIP steigt wieder wie vor der Krise (+111 Mrd. Euro p.a.), wird sich das BIP im Zieljahr 2031 auf ca. 4.600 Mrd. Euro belaufen. Zwei Prozent davon sind 92 Mrd. Euro, die die Bundesregierung dann bei der NATO abrechnet. Etwa vier Jahre später würden zwei Prozent des BIP dann 100 Mrd. Euro für die Bundeswehr bedeuten. Gemessen an den Ausgaben für 2020 in Höhe von 51,5 Mrd. Euro bedeutet das in den nächsten 12 bis 15 Jahren eine Verdopplung der jährlichen deutschen Militärausgaben. Das wäre eine neue Dimension. Vorausgesetzt Großbritannien und Frankreich würden ebenfalls zwei Prozent ihres jeweiligen BIPs für ihr Militär ausgeben, liegen die deutschen Ausgaben ca. 22 Prozent über denen Großbritanniens und ca. 45 Prozent über denen Frankreichs. (22) Damit wird Deutschland zur stärksten Militärmacht in Europa und in der Europäischen Union. In der deutschen Öffentlichkeit wird selten mit den Zahlen operiert, wie sie die Regierung bei der NATO angibt, sondern mit denen des deutschen Verteidigungshaushalts (Einzelplan 14). Letztere sind geringer als die NATO-Zahlen, worin sicherheitsrelevante Gelder berücksichtigt werden, die in anderen Titeln des Bundeshaushalts untergebracht sind. Der Einzelplan für die Bundeswehr sieht 45,2 Mrd. Euro im Jahr 2020 vor und liegt damit um 5,3 Mrd. Euro unter dem Wert nach NATO-Kriterien, wobei letzterer für die Berechnung des Anteils am BIP verwendet wird. Für das Jahr 2021 plant die Regierung, den Bundeswehretat von 45,2 auf 46,8 Mrd. Euro zu erhöhen (also um 1,6 Mrd. oder +3,5 Prozent) (23) . Es ist die siebte Erhöhung in Folge seit 2014. (24) Somit müssen wir für 2021 von etwa 53 Mrd. Euro für die Bundeswehr ausgehen.

Die Frage stellt sich:

Wofür brauchen die so viel Geld?

Finanziert werden soll damit die umfassende Aufrüstung von Heer, Marine und Luftwaffe. Kramp-Karrenbauer sagte dazu Mitte März konkret: „Im Schnitt bekommt die Bundeswehr jede Woche einen neuen Panzer, jeden Monat ein neues Flugzeug und jedes Jahr ein neues Schiff.“ (25) Schauen wir uns die Rüstungsmaßnahmen bei Heer, Marine und Luftwaffe an:

Das deutsche Heer: Schlagkraft verdoppeln

Bis 2031 soll das Heer von heute sechseinhalb Brigaden, die nur zum Teil ausgerüstet sind, nämlich durchschnittlich zu 70 Prozent, auf zehn voll ausgerüstete Brigaden (zu 100 Prozent ausgerüstet) anwachsen. Das bedeutet mindestens eine Verdopplung der Heeresschlagkraft. Dafür werden unter anderem zunächst 350 Schützenpanzer PUMA angeschafft, deren Preis sich auf 6 Milliarden Euro verdoppeln wird. (26) Schon vor dieser Kostenexplosion waren sie die teuersten Schützenpanzer der Welt. Weitere PUMA sind geplant, die wahrscheinlich 3 bis 4 Milliarden Euro kosten werden. Zudem soll die Zahl der Radpanzer und der Artilleriesysteme in etwa verfünffacht werden.

Die deutsche Marine – hochgerüstet nicht nur in der Ostsee

Kramp-Karrenbauer drängt auf die Aufrüstung der Marine gegen Russland: in der Ostsee, dem Nordatlantik und dem Schwarzen Meer. Rostock wird ab 2025 Heimat eines neuen Führungsstabes, dem Baltic Maritime Component Command“ (BMCC). Das BMCC soll „der NATO als maritimes Führungskommando für Operationen an der Nordflanke des Bündnisses –aber auch in anderen Regionen – zum Zwecke der Landes- und Bündnisverteidigung angeboten werden.“(27) Deutschland als stärkste NATO-und EU-Marine der Ostsee-Anrainer hat die Führung inne. Schon heute verfügen die Flotten der NATO-Anrainer der Ostsee über mehr Kriegsschiffe und U-Boote als die russische Baltische Flotte, mit ihrem Hauptquartier in Kaliningrad. Neun NATO-U-Boote stehen dort einem russischen U-Boot gegenüber, die NATO-Länder haben 10 Zerstörer, Fregatten und hochseegängige Korvetten, Russland sieben. Bei Patrouillenbooten ist das Verhältnis allerdings 26 zu 29 zugunsten Russlands. Im Kriegsfall jedoch addieren sich die Kriegsmarinen Norwegens, Schwedens und Finnlands (28) zu diesen NATO-Kräften, so dass diese über 20 U-Boote, 19 Zerstörer, Fregatten und Korvetten sowie 62 Patrouillenboote verfügen. Addieren wir alle Einheiten, ergibt sich ein Verhältnis von 101 zu 37 zum Nachteil Russlands. (29) Russland als „zentrale militärische Herausforderung“ (30) in Bezug auf Marineaufgaben zu bezeichnen, wie es AKK tut, ist daher nicht belegbar. Das hält die Regierung aber nicht davon ab, die Marine massiv aufzurüsten. Sie soll vier Mehrzweckkampfschiffe (MKS 180) für 6 Milliarden Euro (31) erhalten -das kostspieligste Projekt der Deutschen Marine seit 1945 -, sowie zwei U-Boote für über eine Milliarde Euro. Zusätzlich zu den schon vorhandenen fünf Korvetten sind fünf weitere im Bau (Kosten 2,35 Milliarden Euro). Sie sind hochseegängig, wegen ihres geringen Tiefgangs für Randmeere wie die Ostsee dort aber bestens geeignet. Ihre Tarnkappenbauweise lässt sie schwer orten und ihre wenig störanfälligen vier Marschflugkörper RBS 15 Mk 3 können nicht nur Schiffe, sondern auch Ziele an Land mit Abweichungen von 1 bis 2 m genau treffen –und das aus Entfernungen von über 200 km. Parallel zur Herstellung der fünf Korvetten wurden für die Jahre 2022 bis 2026 160 dieser Marschflugkörper RBS 15 Mk 3 bestellt -(32) eine enorme Schlagkraft gegenüber Russland. Die Indienststellung der beiden letzten der vier Fregatten des Typs F 125 - für den weltweiten Dauereinsatz - wird für 2021 erwartet. Die vier Fregatten schlagen mit knapp 3,3 Mrd. Euro zu Buche.

Die deutsche Luftwaffe: neue Atombomber

Die größten Beschaffungen der Bundeswehr in den nächsten Jahrzehnten sind für die Luftwaffe vorgesehen. 33 alte Eurofighter der Tranche 1 und 85 Tornados, somit insgesamt 118 Kampfflugzeuge, sollen im kommenden Jahrzehnt durch bis zu 138 neue Kampfflugzeuge „ersetzt“ werden. Damit wird über die Hälfte des Kampfflugzeugbestandes erneuert. Das wird in der Anschaffung schätzungsweise 25 Milliarden Euro verschlingen.33Die Lebenswegkosten, also die Gesamtkosten für Anschaffung, Betrieb, Ersatzteile, Modernisierung etc., über 40 Jahre werden zusammen geschätzt 100 Milliarden Euro betragen. Die 138 neuen Flieger setzen sich aus vier Flugzeugtypen zusammen. Als „Ersatz“ für die 33 Eurofighter (Tranche 1) sollen 38 neue Eurofighter angeschafft werden. Der Bundestag hat Anfang November 2020 für ihren Bau 5,6 Mrd. Euro genehmigt. (34) „40 weitere Eurofighter mit Kampfwertsteigerung sollen die Jagdbomber-Fähigkeiten des Tornados ersetzen. Und dann könnten noch 15 Eurofighter gekauft werden, die speziell zur elektronischen Kampfführung ausgestattet werden.“ (35) 45 Flugzeuge sollen, wenn es nach den Vorstellungen des Verteidigungsministeriums geht, in den USA gekauft werden. Die Anschaffungskosten für die 45 US-Flieger werden laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie auf etwa 8 Mrd., ihre Lebenswegkosten gar auf 30 bis 35 (34) Mrd. Euro geschätzt. (36) 30 dieser 45 US-Jets sollen die allerneueste Version (Block III) der F-18 „Super-Hornet“ sein, 15 E/A-18 „Growler“ sollen zur elektronischen Aufklärung und Störung gegnerischer Stellungen und zu ihrer Bekämpfung mit Luft-Boden-Waffen beim Hersteller Boeing in den USA gekauft werden. Die 30 „Super-Hornet“ sind dabei besonders gefährlich. Sie sollen die in Büchel gelagerten US-Atombomben tragen, die zurzeit bis mindestens 2025 noch von Bundeswehr-Tornados als deutscher Beitrag zur nuklear-technischen „Teilhabe“ der NATO gegen Russland einsetzbar gehalten werden. „Diese Flugzeuge können, so hat es sich Annegret Kramp-Karrenbauer in Washington versichern lassen, sowohl eine Exportgenehmigung des Kongresses bekommen, als auch eine amerikanische Zertifizierung zum Tragen von Atombomben.“ (37) Zurzeit sind geschätzt 20 nukleare US-amerikanische Freifall-Bomben des Typs B61-3 und B61-4 in Büchel unterirdisch gelagert. Ab 2024 ist mit dem Nachfolgemodell B61-12 in Büchel zu rechnen. Auch diese sollen, wie ihre Vorgänger, selektierbare Sprengkraft (0,3 / 1,5 / 10 / 50 kt) (38) besitzen. Das heißt, sie kann „unmittelbar vor dem Einsatz“ auf diese Sprengkraft „heruntergeregelt“ (39) werden. Aber zusätzlich werden sie durch Satellitensteuerung zu präzisionsgelenkten Bomben. Treffen die zurzeit noch vorhandenen Modelle in einem Radius von 170 Metern, wird der Trefferradius mit den neuen B61-12 „auf bis zu 30 Metern verringert.“ (40) „Damit sind sie wesentlich treffsicherer als ihre Vorgängermodelle und sollen über eine deutlich gesteigerte Vernichtungswahrscheinlichkeit verfügen.“ (41) Zudem -und das ist von ganz besonderer Bedeutung - können sie „mehrere Meter in das Erdreich eindringen und somit trotz geringerer Sprengkraft gezielt gegen tiefliegende Bunker eingesetzt werden.“ Die Atombomber„Super Hornet“ müssen jeweils von E/A-18 „Growler“ und/oder speziellen Eurofightern begleitet werden, um durch Elektronische Kampfführung (Eloka) und Luft-Boden-Einsatz von Raketen die russischen Radar- und Luftabwehrsysteme möglichst frühzeitig zu zerstören. Der Atombomber selbst muss bis auf wenige Kilometer(28 km) (43) an das Ziel heranfliegen, um die mitgeführten Atombomben aus großer Höhe mittels JDAM-Steuerung ins Ziel zu bringen und unbehelligt zurückfliegen zu können.
Welche Ziele kommen dafür konkret in Frage?
„Super-Hornets“ haben einen Einsatzradius von mindestens 720 km. (44) Vom Startort Büchel in der Eifel aus sind jeweils Zwischenstopps einzulegen, um in Russland zentrale Ziele erreichen zu können. Von deutschem Boden aus ist dann das Kaliningrader Gebiet direkt erreichbar. Erfolgt eine Betankung der Atombomber in den Baltischen Staaten, so könnten zentrale Ziele in St. Petersburg und Moskau präzise mit Atombomben angegriffen werden, von Nordnorwegen aus wären die Häfen der russischen strategischen U-Bootflotte auf der angrenzenden Halbinsel Kola erreichbar. Das macht die eigentliche Gefährlichkeit dieser Atombomber der Bundeswehr mit neuen US-Atombomben aus. Assoziationen zur Debatte um die Stationierung US-amerikanischer hochpräziser Mittelstreckenraketen Pershing II Anfang der 80er Jahre, die ebenfalls die Fähigkeit besaßen, unterirdisch zu detonieren, drängen sich auf. Aus russischer Sicht geht nicht nur von den in Deutschland stationierten US-Atombomben Gefahr aus, sondern auch von jenen, die in drei oder vier weiteren NATO-Staaten Europas gelagert sind (45): in Belgien (Kleine Brogel) und den Niederlanden (Volkel) je 20 Sprengköpfe und in Italien (Aviano und Ghedi) zweimal 20 (46). Die 50 Atombomben im türkischen Incirlik dürften dort inzwischen nicht mehr sein. (47, 48) Die somit mindestens 100 Atombomben werden von Kampfflugzeugen dieser jeweiligen NATO-Mitgliedsstaaten im Kriegsfall geflogen: F-16 in Belgien und den Niederlanden, Tornado in Italien und Deutschland, F-16 von der US-Luftwaffe in Italien. Die beiden genannten Flugzeugtypen F-16 und Tornado werden auf die neuen Nuklearbomben B61-12 zugelassen. (49, 50)
„Insgesamt wurden 890 (JDAM-)Leitwerke für Testzwecke, Ausbildung und Einsatz bestellt. Ihre Zahl ist etwa doppelt so groß wie die geschätzte Zahl der B61-12, die produziert werden sollen.“ (51) Es werden also über 400 B61-12 hergestellt. Folglich ist davon auszugehen, dass die B61-12, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien, Italien und den Niederlanden (evtl. auch in der Türkei) stationiert werden. Zurzeit müssten die NATO-Atombomber noch direkt über das Ziel fliegen, um die Bomben oberirdisch detonieren zu lassen. Sie gelten als nicht-strategische oder auch taktische Atomwaffen. Wenn alle mindestens 100 US-Atombomben mit JDAM nachgerüstet werden, spricht die russische Seite davon, dass sie ihren nicht-strategischen Charakter verlieren, und „um weitere 20 Jahre (...), die Schwelle zum Ersteinsatz nuklearer Waffen in Europa gefährlich absenken.“ (52) So heißt es in einem russischen Grundsatzartikel auf rt-Deutsch. Vor dem Hintergrund der Aussage des NATO-Oberbefehlshabers Wolters, er sei ein Anhänger des flexiblen nuklearen Ersteinsatzes und der „NATO-Sitte, Luftpatrouillen wie etwa die Operation Air Policing Baltikum mit nuklearwaffenfähigen Flugzeugen (dual capable aircraft) zu fliegen, wird zudem das Risiko einer Katastrophe durch einen unbeabsichtigten Nukleareinsatz spürbar erhöht,“ so heißt es in dem Text weiter, „weil das russische Militär mit dem Aufkommen der B61-12 bei den Tornados und F-16 (...) von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ausgehen muss, dass diese eine solche Waffe geladen haben. In Russland spricht man bereits länger von einer langandauernden Kubakrise 2.0.“ (53) Soweit dieser russische Grundsatzartikel, der aufhorchen lassen muss. Während die CDU/CSU, FDP und AFD für die Beibehaltung der „Nuklearen Teilhabe“ und damit den Kauf neuer Atombomber für die Bundeswehr eintreten, regt sich in den SPD-Spitzen von Fraktion und Partei Ablehnung. Auch DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen lehnen neue Atombomber ab. Die von Kramp-Karrenbauer in Gang gesetzten Vertragsverhandlungen sind langwierig. Mit einem Vertragsabschluss ist frühestens Ende 2022 zu rechnen (54), sodass erst der neue Bundestag darüber befindet. Es wäre also Zeit, die Kampagne gegen die Atombomben in Deutschland zu intensivieren und zu verbreitern. Angeknüpft werden kann an „atom-waffenfrei jetzt! Büchel ist überall“ (55), an „Atombomber? Nein danke!“ (56) und „Atomwaffenverbotsertrag unterzeichnen“ (57) von ICAN oder an Greenpeace, (58) das sich gegen die „Nukleare Teilhabe“ ausgesprochen hat. Die von Greenpeace in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage im Juli 2020 könnte dabei Auftrieb geben. 92 Prozent befürworten die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrages und 78 Prozent lehnen den Kauf von Kampfjets als Träger von Atomwaffen ab. (59) Ein bedeutender Aspekt sollte bei der Debatte nicht zu kurz kommen: Die Kräfteverhältnisse der Luftwaffen. Die NATO verfügt zurzeit über 6.227 Kampfflugzeuge (60) (davon 2.346 in Europa), Russland dagegen zusammen mit seinen OVKS-Partnern nur über 1.638. Das stellt eine genau 3,8-fache NATO-Luftüberlegenheit dar. Würden die stillzulegenden deutschen 118 Tornados und Eurofighter nicht durch neue Modelle ersetzt, reduzierte sich die NATO-Luftüberlegenheit vom 3,8-fachen auf das 3,73-fache, was faktisch nicht spürbar wäre. Allein schon aus diesem Grund kann leicht auf alle 135 neuen Kampfflugzeuge verzichtet werden. Der Einspareffekt: 100 Milliarden Euro!

Drohnen

werden ebenfalls von der Luftwaffe betrieben. Die von CDU/CSU und Bundeswehr vorangetriebene Kampagne zur Bewaffnung von Drohnen –in diesem Fall betrifft es den etwa 1 Mrd. Euro teuren Leasingvertrag von sieben israelischen Drohnen HERON TP –kommt in eine entscheidende Phase. Wichtige Teile der SPD-Bundestagsfraktion signalisierten seit dem Sommer ein Einschwenken auf den CDU-CSU-und Bundeswehr-Kurs, so dass zu befürchten ist, dass Gelder für die Bewaffnung in den Bundeshaushalt 2021 eingestellt werden. Die HERON TP gilt als Übergangslösung für die Beschaffung von 21 sogenannten Eurodrohnen, die zurzeit entwickelt und wohl mit etwa 3 Mrd. Euro zu Buche schlagen werden. Anders als für die HERON TP, wo die Art der Bewaffnung, weil israelischen Ursprungs, der Geheimhaltung unterliegt, ist die Bewaffnung der 10 Tonnen schweren „Eurodrohnen“ schon öffentlich: „Brimstone 3 und GBU-49“ (61) heißen die Waffen. „Brimstone“ ist eine Panzerabwehrlenkrakete, die schnell fahrende Bodenziele präzise trifft. (62) Die GBU-49 ist eine lasergelenkte Bombe von 227 kg-Gewicht, die auf sechs bis neun Meter genau trifft. (63) Ab 2027 sollen die „Eurodrohnen“ in Jagel (Schleswig-Holstein) stationiert werden. (64) Ein Vertragsabschluss wird noch für das 4. Quartal 2020 angestrebt. (65) Spätestens bei der beabsichtigten Bewaffnung der „Eurodrohnen“ muss jedem deutlich werden, dass die Werbung für „Kampfdrohnen“ als angeblich präzise Waffenart im Unterschied zu Kampfhelikoptern, Kampfflugzeugen und Artillerie zur Makulatur wird. Kommen wir nun zur

EU-Militarisierung

Es sind drei deutsch-französische Rüstungsprojekte am Start, die von außerordentlicher, ja epochaler Bedeutung sind. Das sind neue Generationen von Kampfpanzern, von Artilleriesystemen und von Kampfflugzeugen. Sie wurden 2017 zwischen Macron und Merkel in einer Regierungserklärung vereinbart.

Neue Kampfpanzer-Generation MGCS

Bis 2035 sollen neue Kampfpanzer produktionsreif sein und die Leopard 2 der Bundeswehr und die Leclerc-Panzer in der französischen Armee ersetzen. Der Begriff Kampfpanzer wird beim Projektnamen vermieden. Er heißt Main Ground Combat System (MGCS). Denn Ziel ist es, „ein High-tech-System zu entwickeln, bei dem Robotik und Waffen wie Hochgeschwindigkeitsraketen eine entscheidende Rolle spielen.“ (66) MGCS soll so zu einem militärischen Game-Changer werden. (67) Ziel ist es auch, das neue Waffensystem zum Standard-Panzer in Europa zu machen, um die Vielzahl der Typen –von 17 ist die Rede - abzuschaffen. Der Geschäftsführer der Münchner Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann, Frank Haun, rechnet in den nächsten 25 bis 30 Jahren in Europa mit einem Bedarf von 5.000 Kampfpanzern im Wert von 75 Milliarden Euro. (68) Deswegen sind sein Konzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW), Hersteller der Leopard-Panzer, und der französische Leclerc-Hersteller Nexter 2015 zur Firma KNDS (69) fusioniert, um das neue MGCS herzustellen. Für das Projekt mussten sie den Kanonenhersteller Rheinmetall mit ins Boot holen. Nach langem Machtgerangel haben die drei Seiten sich darauf verständigt, die noch zu gründende Projektgesellschaft zwischen
Deutschland und Frankreich zu gleichen Teilen aufzuteilen: Nexter hält 50 Prozent, KMW und Rheinmetall je 25 Prozent. Während hier im Ge-sellschafterkreis eine deutsch-französische Parität herrscht, werden die Arbeitspakete auf Nexter, KMW und Rheinmetall gedrittelt, so dass es hier ein deutsches Übergewicht gibt. Gesteuert werden soll das MGCS-Projekt von einem 18-köpfigen „Combat Project Team“, in dem die deutsche Seite die Führung hat. (70) Das heißt also, das Projekt steht unter deutscher Führung. Allerdings „sollen die Werke in Deutschland und Frankreich zu gleichen Teilen profitieren.“ (71) An weltweite Umsätze von rund 100 Milliarden Euro bis in die 40er Jahre hinein wird gedacht. „Von 30 Milliarden Euro Auftragsumfang ist die Rede,“ allein für Deutschland und Frankreich, weiß das Handelsblatt zu berichten. (72)

Neue Generation Artilleriesysteme

Für die Entwicklung der neuen Generation von Artilleriesystemen ist eine Projektstudie in Arbeit. Ziel ist es, ein Artilleriesystem herzustellen, dass bis 2040 in der Bundeswehr Mörser und Mehrfachraketenwerfer ablösen soll. (73) KMW-Geschäftsführer Haun schätzt das Umsatzvolumen für Artilleriesysteme in Europa bis 2050 auf 25 Milliarden Euro. (74) Nexter, KMW und Rheinmetall sind Hersteller sowohl von Kampfpanzern als auch von Artilleriesystemen. Sie erwarten daraus ein Umsatzvolumen von insgesamt 125 Milliarden Euro. 2018 addierte sich der Jahresumsatz der drei Rüstungsschmieden auf gerade mal rund 6 Milliarden Euro. (75) Deutlich ist, welche irrsinnige Aufrüstungsdimension hier vorbereitet wird – das 20fache der Jahresproduktion dieser Rüstungsschmieden.

Das dritte Großprojekt, was ebenfalls unabhängig von den USA entwickelt werden soll, ist das neue

Kampfflugzeugsystem FCAS

Französische Rafale-Kampfflugzeuge und die Eurofighter werden in 20 Jahren ihre Altersgrenze erreicht haben. Sie sollen dann durch eine neue Generation von Kampfflugzeugen abgelöst werden, einem System, das als „System der Systeme“ (76) bezeichnet wird. Es besteht aus einer Integration von bemanntem oder unbemanntem Kampfflugzeug, Kampfdrohnen, bewaffnetem Drohnenschwarm, Aufklärungs-, Transport –und Tankflugzeugen, Satelliten und AWACS-Maschinen, Schiffen und Künstlicher Intelligenz - verbindet also Systeme in Weltraum, Luft, Wasser, Land und dem Cyberraum. Deshalb wurde dafür der umfassende Name Future Combat Air System (FCAS) gewählt, also Luftkampfsystem der Zukunft. Der Rafale-Hersteller Dassault soll das Kampfflugzeug herstellen. „Für das Gesamtsystem einschließlich geplanter Drohnenschwärme, Satelliten und Bodenstationen ist dagegen Airbus zuständig“. (77) Die Drohnen-schwärme testete Airbus bereits 2018 über der Ostsee. Sie sollen bewaffnet sein und „unter Umständen schon Mitte des kommenden Jahrzehnts Einsatz finden“, (78) berichtete die FAZ vor fast zwei Jahren. Das heißt, in fünf Jahren wäre es soweit. Drohnenschwärme werden – folgt man der Einschätzung von Fachleuten – künftig kriegsentscheidend sein. Die USA und China sind in diesen Entwicklungen führend. Hierzulande entwickelte das Heer in den letzten Jahren Thesenpapiere und Kriegsszenarien, die sich mit einem „technologisch gleichwertigen Gegner“ befassen. Ergebnis: Die Entwicklungsabteilung des Heeres leitet daraus ab, dass die Bundeswehr umfassend mit automatisierten und autonom gesteuerten unbemannten Flugsystemen ausgerüstet werden muss. Künstliche Intelligenz erhält dabei eine zentrale Bedeutung. (79) Verwendung sollen Drohnen finden, die kleiner sind als Tennisbälle oder über einen Meter groß. Sie fliegen in Formationen zu Hunderten oder zu Tausenden. Dabei dient die Anwendung künstlicher Intelligenz dazu, die Schwärme automatisch handeln zu lassen (Stichwort: Killer-Roboter): Als Punktaufklärer, um Angriffsziele zu markieren; zum Sperren eines Raumes mit automatischer Überwachung der Sperre und für den Einsatz von Bomben oder Raketen gegen Gegner und zum Einsickern in gegnerisches Gebiet, um so Angriffe in mehreren Wellen im Kamikazemodus ausführen zu können. (Übersättigungsangriffe). Es gibt weitere Anwendungsbeispiele, die Horrorfantasien keine Grenzen setzen. Der Chef der Airbus-Rüstungssparte Dirk Hoke erklärt – sehr komprimiert - den FCAS-Systemverbund:„Es geht um die Schaffung einer europäischen Cloud-Lösung mit Standardisierung der militärischen Kommunikation und Konnektivität. Dadurch sollen die Informationen aller Land-, See-, und Luftsysteme zusammenlaufen, in Echtzeit analysiert werden und Auswertungen situationsbedingt zurückgespielt werden. [...'> Wir sprechen hier“, so Hoke, „von dem prägendsten Hochtechnologieprojekt in der europäischen Verteidigung der nächsten fünf Jahrzehnte“. (80) Hoke übertreibt nicht. Das Projekt wird „nach Schätzungen aus der Branche,“ so das Handelsblatt, „einen Umsatz von 500 Milliarden Euro bringen“. (81) Da muss man erst einmal schlucken. Das ist das Fünffache des bisher größten europäischen Rüstungsprojekts – dem Eurofighter. (82) Allein für die FCAS-Entwicklung werden Kosten von 80 bis 100 Milliarden Euro ge-nannt. Wenn wir uns vor Augen führen, dass Airbus und Dassault zur Zeit zusammen jährlich 12 bis 13 Milliarden Euro (83) Umsatz mit Rüstung machen, wird klar, welches enorme Wachstum sich diese Rüstungskonzerne durch das FCAS-Projekt bescheren wollen. Während einer Produktionslaufzeit von 20 Jahren würde sich ihr Umsatz vervielfachen. Airbus würde im Rüstungsbereich Umsätze machen wie die größten Rüstungskonzerne der Welt. Durch das FCAS-Projekt würde ein Luftwaffengigant im Weltmaßstab gebildet. Das FCAS ist wegen der angestrebten umfassenden echtzeitlichen Integration aller Teilstreitkräfte und des Weltraums geeignet, weltweit die Vorherrschaft zu erlangen. Die militarisierte EU wäre Weltmacht unter deutsch-französischer Führung. Seit Juni letzten Jahres ist Spanien als Unterzeichner eines Rahmenabkommens dazugekommen. Bis Anfang 2021 soll eine Konzeptstudie fertig sein. Dafür und für die Herstellung eines fliegenden Demonstrators, der aus Kampffliegern und Drohnen bestehen soll, hat der Bundestag bereits 110 Millionen Euro bewilligt. Milliardenforderungen aus der Industrie für die nächsten Jahre stehen im Raum, (84) damit der „Demonstrator“ 2026 fertig wird. Die Luftwaffenchefs Deutschlands, Frankreich und Spaniens haben kürzlich gesagt, worum es ihnen mit dem FCAS-System geht: Es „soll in allen Kategorien des Luftkampfes über hervorragende Fähigkeiten verfügen,
dadurch die Luftüberlegenheit unserer Luftwaffen und dadurch die erforderliche Bewegungsfreiheit der anderen Teilstreitkräfte sicher stellen.“ (85) Auch das klingt nach Weltmachtambitionen.Von deutscher Seite besteht das Bestreben, auch Briten, Italiener und Schweden mit in das Projekt zu holen, damit es ein gesamteuropäisches wird. Diese verfolgen mit der Tempest ein eigenes ähnliches Projekt. Frankreich ist in der Frage dieser Integration skeptisch. Möglicherweise wird die Wirtschaftlichkeit des FCAS-Projekts für die Erweiterung der Teilnehmerzahl aber den Ausschlag geben, weil man große Stückzahlen benötigt.Ein sehr bedeutsamer Aspekt des FCAS-Kampfflugzeugs darf nicht unerwähnt bleiben. Es wird auch als Atomwaffenträger konzipiert, denn die jetzt im Einsatz befindlichen Rafale-Atombomber Frankreichs werden in 20 bis 25 Jahren fluguntauglich. Werden die FCAS-Systeme zur Standardwaffe in Europa wirft das Fragen bezüglich der US-Atombomben als deutsche „Nukleare Teilhabe“ auf. CDU/CSU, FDP und AFD wollen bekanntlich daran festhalten, und müssten also ab 2040 die US-Atombomben an neue –hochmoderne -deutsch-französische Flugzeuge hängen. Das lassen die USA nur nach vorheriger sehr gründlicher Zertifizierung des Flugzeugs zu, was die Preisgabe der innersten technischen Geheimnisse dieser Jets beinhaltet. Die deutsch-französische Bereitschaft dazu ist gleich Null. Also, was tun? Etwa auf die Nukleare Teilhabe verzichten? Gut wär’s. Aber da kommt der französische Präsident Macron mit dem Angebot eines „strategischen Dialogs“ über französische Atomwaffen daher. Kramp-Karrenbauers Antwort kam postwendend: „Das ist eine Einladung, die wir auf jeden Fall annehmen werden.“ (86)

*Lühr Henken, ist Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensrat-schlag (www.Friedensratschlag.de), Herausgeber der Kasseler Schriften zur Friedenspolitik (https://jenior.de/produkt-kategorie/kasse-ler-schriften-zur-friedenspolitik/) und arbeitet mit in der Berliner Friedenskoordination (http://www.frikoberlin.de/)



Quellen und Hinweise:

1- Vortrag im Rahmen der Reihe „Frieden konkret“ der NaturFreunde Berlin und der NaturFreunde Hamburg, Videokonferenz am 12.11.2020
2- Denn seit 1990 hielten sich Erhöhungen und Senkungen des Bundeswehrhaus-halts in etwa die Waage: Aus Zahlen von SIPRI auf der Basis des Dollarkurses von 2016, ergibt sich zwischen 1998 und 2017 eine minimale Schwankung der Bundeswehrausgaben von höchstens 12 Prozent zwischen 43 Mrd. (Spitzen: 1999 und 2017) und etwa 38,5 Mrd. Dollar (Täler: 2006, 2007, 2013 , 2014)
3- Vgl. DER SPIEGEL 25.3.17, S. 30
4- Die Anteile am BIP wurden auf Basis der Preise von 2015 berechnet, so dass die Inflation nicht berücksichtigt ist. NATO, Defence Expenditure of NATO Coun-tries (2013 –2020) 21.10.2020, 16 Seiten, Tabelle 3, S. 8, https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2020/10/pdf/pr-2020-104-en.pdf
5- Vgl. auch: Welt am Abgrund? Deutsche Welle, 8.2.18, http://www.dw.com/de/welt-am-abgrund-der-münchner-sicherheitsbericht/a-42482455
6- Berücksichtigt man auch die eingelagerten Kampfpanzer und Artilleriesysteme von NATO und OVKS, so halten sich diese jeweils in etwa die Waage.
7- International Institute for Strategic Studies, The Military Balance 2019, 518 Seiten. Berechnungen des Autors
8- Ein Zuwachs von 5,9 Prozent gegenüber 2019. Defence Expenditure of NATO Countries (2013 –2020) Tabelle 2, S. 7
9- Genau das 23,896 fache (2017). Die Summe der BIPs der NATO-Staaten ist 37.709 Mrd. USD. Russlands BIP beläuft sich auf 1.578 Mrd. USD. Fischer Welt-almanach 2019. Berechnungen des Autors.
10- Defence Expenditure of NATO Countries (2013 –2020) Tabelle 7, S. 12
11- 1,837 Mio. kommen aus europäischen NATO-Staaten, ca. 75.800 aus den USA.
12- Bundesregierung, Jahresabrüstungsbericht 2019, 30.4.20, 159 Seiten, S. 108 und Tabelle 1, S. 136, https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2337956/72907bb7d44eb603a2edd1ae88363f02/jab2019-data.pdf
13- FAZ 20.2.18
14- Spiegel online, 14.5.18, „etwa 58 Milliarden davon würden ihrem Haus zuflie-ßen, vier Milliarden gingen in andere Ressorts.“ Wenn (2025) 1,5 Prozent 62,5 Milliarden Euro bedeuten, dann errechnet sich daraus für das BIP des Jahres 2025 ein Wert von 4.166 Milliarden Euro, den die Bundesregierung zu Grunde legt. Die Zahl stammt von vor der Corona-Pandemie.
15- 11.10.19, https://www.sueddeutsche.de/politik/nato-kramp-karrenbauer-zwei-prozent-ziel-bis-2031-erreichen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191011-99-262774
16- 27.7.2019, https://www.tagesspiegel.de/politik/wehrbeauftragter-hans-pe-ter-bartels-niemand-plant-eine-zwei-prozent-bundeswehr/24845148.html
17- Defence Expenditure of NATO Countries (2013 –2020) Tabelle 1, S. 6
18- FAZ 22.10.20
19- BIP Deutschlands 2013: 2.826,2 Mrd. Euro; 2018: 3.386 Mrd. Euro, 2023: 3.942 Mrd. Euro, 2025: 4.166 Mrd. (vgl. Fußnote 13) Das heißt durchschnittlich wuchs das deutsche BIP um 111 Mrd. Euro p.a..
20- Die Bundesregierung, Finanzplan des Bundes 2020 bis 2024, Drucksache 19/22601, 9.10.20, 80 Seiten, S. 5, https://dserver.bundestag.de/btd/19/226/1922601.pdf, im Weiteren: Finanzplan des Bundes bis 2024
21- A.a.O., Tabelle 1, S. 7
22- Zugrunde gelegt sind hier die von der NATO für 2020 geschätzten BIP-Werte (in Preisen von 2015) für Deutschland (3.364 Mrd. Dollar), Großbritannien (2.760 Mrd. Dollar), Frankreich (2.311 Mrd. Dollar) Defence Expenditure of NATO Countries (2013 –2020) Tabelle 5, S. 10
23- Darin ist ein Betrag von 1,2 Mrd. Euro aus dem „Konjunktur-und Zukunftspa-ket“ enthalten, mit denen in Pandemiezeiten vorgezogene Projekte finanziert werden.
24- Nach Nato-Kriterien 2014: 37,45 Mrd. Euro, 2020: 51,54 Mrd. Euro. (+37,6 Prozent)
25- Rede Annegret Kramp-Karrenbauers anlässlich des Parlamentarischen Früh-stücks der Deutschen Maritimen Akademie, 12.3.20, 8 Seiten, S.7 https://www.bmvg.de/re-source/blob/228940/8ed9503058718376a774edcc3ae6a484/20200324-down-load-rede-akk-bei-maritime-akademie-data.pdf, im Weiteren: Kramp-Karren-bauer
26- 19.7.19, https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-kostenex-plosion-beim-schuetzenpanzer-puma-a-1278052.html
27- 22.1.19, http://www.bundeswehr-journal.de/2019/feierliche-indienststel-lung-des-nationalen-stabes-deu-marfor/
28- Schweden und Finnland steigern die Rüstungsausgaben generell in hohem Maße. Ihre Begründungen: Schutz vor russischer Aggression. Nach Aussagen des schwedischen Verteidigungsministers könnte Schweden in den kommendenvier Jahren seine Militärausgaben um 40 Prozent steigern. Sie würden so von 2014 bis 2025 um 85 Prozent wachsen. Ein Parlamentsbeschluss steht noch aus. (16.10.20, https://deutsch.rt.com/europa/107865-wegen-russischer-aggres-sion-schwedischer-verteidigungsminister/). Finnland hat sich zum Ankauf US-amerikanischer Kampfjets entschieden: 64 F-35A für 12,5 Mrd. USD, 58 F/A18 „Super Hornet“ und 14 EA-18 „Growler“ für 14,7 Mrd. USD. (13.10.20, http://www.imi-online.de/2020/10/13/finnland-us-kampfflugzeuge/) Die Ge-samtsumme von 27,2 Mrd. USD bildet fast das 7fache der gesamten Militäraus-gaben Finnlands (knapp 4 Mrd. USA 2019).
29- International Institute for Strategic Studies (IISS), London, The Military Ba-lance 2020, Berechnungen des Autors
30- Kramp-Karrenbauer
31- 5.6.20, https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ruestungspolitik-neue-kriegsschiffe-fuer-die-bundeswehr-werden-noch-teurer/25890616.html
32- Europäische Sicherheit & Technik, (ESuT)Heft Oktober 2020, S. 54
33- Preise werden offiziell nicht genannt. Die Schätzung leitet sich von den An-schaffungskosten für 140 Eurofighter ab, die zwar offiziell nicht bekannt sind, aber der angegebene Preis im Bundeswehrplan 2009 (vom 10.6.2008, 81 Seiten, S. 72) in Höhe von 21,705 Mrd. Euro bietet einen Anhaltspunkt. Darin fehlen al-lerdings die Kosten für die Waffensysteme IRIS-T (525 Mio. Euro) und Meteor (461 Mio. Euro (a.a.O.)
34- 4.11.20, https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/grossauftrag-die-bundeswehr-bekommt-38-neue-eurofighter/26590350.html?ticket=ST-6272823-EIQ53HOhP3c03oCbsGhE-ap1, Sie sollen von 2025 bis 2030 in die Bun-deswehr eingeführt werden.
35- FAZ 29.4.20, Besser die Zweitbesten Das Eurofighter-Konsortium gibt an, diese speziellen Eurofighter bis 2026 liefern zu können.
36- Konservativ geschätzt auf zwischen 7,67 und 8,77 Mrd. Euro. Otfried Nas-sauer, Ulrich Scholz, Teuer und umstritten –die Tornado-Nachfolge, Green-peace-Studie, Hamburg, Juli 2020, 29 Seiten. Im Weiteren: Greenpeace-Studie https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publica-tions/greenpeace_bits_kosten_tornadonachfolger_studie_07_2020.pdf
37- FAZ 29.4.20, Besser die Zweitbesten
38- Zum Vergleich, die Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von 13.000 Ton-nen (13kt) TNT-Äquivalent
39- rt-deutsch 22.9.20
40- ebenda
41- https://de.wikipedia.org/wiki/B61_(Kernwaffe), abgelesen 19.10.20
42- ebenda
43- https://de.wikipedia.org/wiki/Joint_Direct_Attack_Munition, abgelesen 19.10.20
44- https://de.wikipedia.org/wiki/Boeing_F/A-18, abgelesen 19.10.20
45- https://fas.org/blogs/security/2019/10/nukes-out-of-turkey/, abgelesen 19.10.20
46- https://de.wikipedia.org/wiki/Nukleare_Teilhabe#cite_note-12, abgelesen 19.10.20
47- FAZ 17.10.20 Die Nato trainiert den Atomkrieg
48- Offiziell bestätigt die NATO weder einen der Standorte noch die Anzahl der dort lagernden nuklearen Sprengköpfe.
49- Otfried Nassauer, Trägerflugzeug zugelassen –B61-12 Atombombe lässt auf sich warten, 28.6.20, https://www.bits.de/frames/newd.htm, im Weiteren: Nassauer 28.6.20
50- Alle diese Länder haben neue US-Atombomber des Typs F-35 bestellt. Belgien (34), Niederlande (46), Italien (90), die Türkei (bis zu 100, wurde aber von den USA nicht genehmigt, weil die Türkei das russische Luftverteidigungssystem S-400 gekauft hat). Italien setzt ebenfalls Tornados als Atombomber ein (Statio-nierungsort Ghedi/bei Brescia). Sie werden durch F-35 ersetzt. https://de.wi-kipedia.org/wiki/Lockheed_Martin_F-35, abgelesen 19.10.20
51- Nassauer 28.6.20
52- Rt-deutsch 22.9.20
53- Rt-deutsch 22.9.20
54- Greenpeace-Studie , S.7
55- http://www.atomwaffenfrei.de/home.html 56https://www.icanw.de/ 57- https://www.icanw.de/grunde-fur-ein-verbot/verbotsvertrag/ 58- https://twitter.com/greenpeace_de/status/1242766020596686848
59- https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publica-tions/umfrage_atomwaffenverbotsvertrag__0.pdf
60- IISS, The Military Balance 2019, Berechnungen des Autors
61- 23.5.20, http://www.imi-online.de/2020/05/23/eurodrohne-bewaffnung/ 62- https://en.wikipedia.org/wiki/Brimstone_(missile)
63- https://de.wikipedia.org/wiki/Paveway
64- Die Zeit, 2.7.20, Schutzengel oder Killermaschinen?
65- 10.6.20, http://www.imi-online.de/2020/06/10/eurodrohne-baldiger-ab-schluss
66- Björn Müller, Streitkräfte und Strategien, NDR Info, 2.11.19
67- Björn Müller, Die Hürden für Europas gemeinsamen Kampfpanzer, 31.10.19, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ruesten-fuer-europa-huerden-fuer-den-gemeinsamen-kampfpanzer-16439321-p2.html
68- Handelsblatt, 26.4.18, https://www.handelsblatt.com/today/companies/arms-race-until-bundeswehr-starts-buying-kmw-relies-on-overseas-customers/23581976.html
69- KNDS = KMW + NEXTER Defence Systems
70- 15.10.19, https://www.pivotarea.eu/2019/10/15/main-ground-combat-sys-tem-einigung-ueber-industriellen-lead/
71- FAZ 14.10.19, Kompromiss über deutsch-französischen Panzer in Sicht.
72- Handelsblatt, 26.4.18, https://www.handelsblatt.com/today/companies/arms-race-until-bundeswehr-starts-buying-kmw-relies-on-overseas-customers/23581976.html
73- NZZ 2.4.19, Marco Seliger, Die schwierige Geschichte der deutsch-französi-schen Rüstungskooperation, https://www.nzz.ch/international/deutsch-franzo-esische-ruestungskooperation-ist-muehselig-ld.1470274
74- Handelsblatt, 26.4.18, https://www.handelsblatt.com/today/companies/arms-race-until-bundeswehr-starts-buying-kmw-relies-on-overseas-customers/23581976.html
75- Laut Sipri.org: Insgesamt 6,6 Mrd. USD: Rheinmetall 3,8 Mrd. USD, KMW 1,7 76- 6.11.18, https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ruestung-deutsch-franzoesisches-kampfflugzeug-wie-politik-und-industrie-einander-blo-ckieren/23573750.html?ticket=ST-1216962-cAoXgkfTYvx9IccBEjzY-ap5
77- FAZ 7.2.2019, S. 22, Paris und Berlin überreichen erste Schecks für Kampfflie-ger
78- FAZ 7.2.2019
79- Amt für Heeresentwicklung, Künstliche Intelligenz in den Landstreitkräften, Köln, August 2019, 31 Seiten, S. 23, https://www.bundeswehr.de/resource/blob/156024/d6ac452e72f77f3cc071184ae34dbf0e/download-positionspapier-Mrd. USD, Nexter 1,08 Mrd. USD deutsche-version-data.pdf, Autorenteam Kdo H II (2), Thesenpapier, Wie kämpfen Landstreitkräfte künftig?, September 2017, 28 Seiten, https://www.pivota-rea.eu/wp-content/uploads/2017/09/OOO.pdf
80- Der Spiegel Nr. 41/ 5.10.19, S. 63
81- Thomas Hanke, Martin Murphy, Donata Riedel, So wollen Deutschland und Frankreich ihre Rüstungsindustrie neu aufstellen, 26.11.18, https://www.han-delsblatt.com/politik/international/gemeinsame-jets-und-panzer-so-wollen-deutschland-und-frankreich-ihre-ruestungsindustrie-neu-aufstel-len/23673794.html?ticket=ST-1006788-z1Z9FyM2EFj5ebyOImst-ap2
82- Die 140 Bundeswehr-Eurofighter der Tranchen 1 bis 3A kosteten knapp 25 Milliarden Euro. Für insgesamt 623 bestellte Eurofighter müssen rund 100 Milli-arden Euro berappt werden.
83- Laut Sipri.org machte Airbus mit Rüstung 2018 einen Umsatz von 10,65 Mrd. USD, Dassault 2,93 Mrd. USD
84- FAZ 9.11.20, Luftabwehr droht Verzug
85- FAZ.net 21.2.20, Philippe Lavigne, Javier Salto Martines-Avial, Ingo Gerhartz, Die Zukunft der europäischen Luftwaffen, https://www.faz.net/aktuell/politik/gastbeitrag-die-zukunft-der-europaeischen-luftwaffen-16642571.html
86- FAZ 21.2.20, Berlin will mit Paris über Atomwaffen reden