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Keine Profite mit unserem Leben! Waffenstillstand und Verhandlungen jetzt!

Redebeitrag von Lutz Getzschmann zum bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung am 1. Oktober 2022 in Kassel:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

der anhaltende Krieg in der Ukraine und die Sanktionspolitik der Bundesregierung führen geradewegs in eine Wirtschaftskrise, deren erste Auswirkungen wir nun zu spüren bekommen und die, wenn diese Konfrontation nicht gestoppt wird, in den nächsten Monaten zu drastischen sozialen Verwerfungen, einer dramatischen Verarmung weiter Teile der Bevölkerung und einer Vertiefung der bereits bestehenden sozialen Spaltung der Gesellschaft führen wird. Bereits mit der Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz und dem nach der Schockstrategie-Methode durchgesetzten 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr war deutlich zu erkennen, dass hier auch Gelegenheiten genutzt werden, um nicht nur nach außen, sondern auch innenpolitisch dramatische Verschiebungen der politischen Kräfteverhältnisse zu bewirken, die unter anderen Umständen in Jahrzehnten nicht durchsetzbar gewesen wären.

Der russische Einmarsch in die Ukraine, das habe ich und viele andere im letzten Jahr immer wieder gesagt, ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg – keine Frage. Ebenso richtig ist aber auch, was Rolf Becker beim letzten Ostermarsch betont hat, dass Russland aus einer Situation der strategischen Defensive heraus agiert, dass dieser Krieg eine Vorgeschichte hat, die spätestens mit den NATO-Osterweiterungen seit den späten 1990er Jahren begann, unter anderem auch einen Putsch gegen eine völlig korrupte aber frei gewählte Regierung 2014, einen seitdem tobenden Bürgerkrieg im Donbass mit rund 15.000 Toten, die Aufrüstung der ukrainischen Armee mit mehreren Milliarden Dollar durch die US-Regierung beinhaltete und mit der förmlichen Begründung einer strategischen Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine im September 2021 mit dem Ziel der direkten Einbindung der Ukraine in das westliche Militärbündnis eine neue Stufe erreichte. Am 10. November 2021 dann unterzeichneten die USA und die Ukraine schließlich eine Charta der strategischen Partnerschaft, die u.a. den NATO-Beitritt der Ukraine und die Rückeroberung der Krim als Ziel formuliert.

Man muss als Linker die geostrategischen Interessen von Staaten nicht zum Maßstab der eigenen Bewertung machen – wir haben grundlegend andere Vorstellungen vom Zusammenleben von Menschen, Völkern und Regionen, aber in der bürgerlichen Staatenwelt gibt es nun mal solche Interessen und dementsprechend auch rote Linien und es ist fast ein wenig peinlich, dass alte reaktionäre Haudegen wie Henry Kissinger und Klaus von Dohnanyi in dieser Hinsicht klarer und rationaler wirken als so manche Leute, die sich in den letzten Monaten von Schönwetter-Pazifisten zu rabiaten Bellizisten und Befürwortern von Waffenlieferungen gewandelt haben. Es ist, wie auch immer man es dreht und wendet, ein Stellvertreterkrieg imperialistischer Mächte, der in erster Linie auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung, in zweiter Linie auf Kosten von Leben und Gesundheit hunderttausender junger Männer auf ukrainischer und russischer Seite und drittens zu Lasten des Lebensstandards, der ökonomischen Existenz und der Versorgungssicherheit der Bevölkerungen ganz Europas und erheblicher Teile Afrikas, des Nahen Ostens und Asiens ausgetragen wird und in dem es folglich keine richtige Seite, keinen wirklichen Sieger, aber dafür sehr viele Verlierer gibt. Dieser Krieg muss sofort enden und mit ihm die geopolitischen Machtspielchen die ihn hervorgebracht haben und die wirtschaftlichen Ausblutungsstrategien die ihn am Laufen halten.

Die Kriegsgewinnler sitzen in der Vorstandsetage bei Rheinmetall und anderen Rüstungskonzernen, aber nicht nur dort. Wer erinnert sich noch an die famose Spritpreisbremse im Sommer, die letztlich nichts anderes war als ein üppiges Steuergeschenk an die Mineralölindustrie, die unter dem Vorwand des Ukraine-Krieges ihre Gewinnmargen durch Preissteigerungen erhöht haben, die sehr viel mit Spekulation auf den Rohstoffmärkten und sehr wenig mit der realen Kriegssituation zu tun hatten. Gar nicht zu reden von der jetzt im letzten Moment gekippten Gasumlage, einem Gesetz, an dem die Lobbyisten der Energiekonzerne mitgeschrieben haben. Eine Zwangssteuer, von der auf dem Rücken der großen Mehrheit der Bevölkerung teilweise auch Energieunternehmen profitiert hätten, die gerade in den letzten Jahren erhebliche Profitzuwächse verzeichnet haben.

Der Westen – und auch Deutschland – führt als Reaktion auf die militärische Eskalation in der Ukraine mit seiner Sanktionspolitik und dem seit mehr als einem halben Jahr von der Bundesregierung herbeigeredeten und nun tatsächlich erfolgten Ende russische Erdgaslieferungen einen Wirtschaftskrieg – was Leute wie Habeck auch ganz offen sagen. Deshalb ist die Empörung, die einer linken Bundestagsabgeordneten jetzt allenthalben entgegenschlug, als sie das genau so benannte, doch ziemlich unverständlich, wenn man nicht davon ausgeht, dass es bei dieser medial inszenierten Entrüstungswelle bis weit hinein in die politische Linke wohl auch darum geht, die lückenlose Einhaltung des Burgfriedens sicherzustellen. Fakt ist: Die Sanktionen, mit denen die russische Wirtschaft seit Kriegsbeginn belegt wurden, übertreffen alles, was bisher an Sanktionen gegen einen Staat zum Einsatz kam. Das erklärte Ziel ist es, Russlands Wirtschaft nachhaltig zu schwächen und kriegsunfähig zu machen. Augenscheinlich treffen die Sanktionen die russische Wirtschaft hart: durch den Ausschluss vom internationalen Zahlungsverkehr, durch den Rückzug westlicher Unternehmen, durch das Fehlen essenzieller Vorprodukte für die Industrie. Und es ist nicht so, dass die Hauptleidtragenden dieser Sanktionen die noch im Frühjahr viel genannten Oligarchen sind, sondern vor allem die Bevölkerung. Deutlich wird aber auch, dass dieser Wirtschaftskrieg die Wirtschaft der meisten europäischen Länder letztlich mehr schädigt als die russische und nebenbei die Länder des globalen Südens noch mit in Geiselhaft nimmt. Oder mit anderen Worten: „ein Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine in Verbindung mit einem Energiekrieg Deutschlands“, das seine „wirtschaftliche Schlagkraft nun beweisen“ werde, so Bundesfinanzminister Christian Lindner am Donnerstag.

Die Hauptkosten dafür trägt hierzulande die breite lohnabhängige Bevölkerung und am schwersten tragen daran jene 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung, die auch schon bisher im Niedriglohnsektor arbeiten, prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben, am Rande der Armutsgrenze oder darunter leben und die keine Reserven mehr haben, um eine Inflationsrate von 10 Prozent, einen drohenden drastischen Anstieg der Energiekosten und eine Verknappung lebenswichtiger Ressourcen abzufangen. Der von den NATO-Staaten angestrebte Siegfrieden in der Ukraine, der ernsthafte Bemühungen um eine Verhandlungslösungen kategorisch ausschließt, kostet auch hierzulande Hunderttausende die ökonomische Existenz und das wird sich in der nächsten Zeit auch hier vor Ort verstärkt bemerkbar machen.

Die steigende Inflation und die Energiekrise treffen auch in Kassel auf eine Stadtbevölkerung, die bereits tief geprägt ist von einer sozialen Spaltung, die sich seit der Corona-Krise noch deutlich verschärft hat. In Kassel ist der Anteil an Kindern und Jugendlichen die in Armut leben mit stadtweit 24 Prozent - und deutlich über 50 Prozent in Stadtteilen wie der Nordstadt, dem Wesertor und Rothenditmold - bereits jetzt skandalös hoch. Das heißt, dass ein nicht unerheblicher Teil jener Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen einfach nicht in der Lage ist, die jetzt auf uns zurollende Krise zu bewältigen. Bereits seit dem Frühsommer erreichten uns vermehrt Klagen von MieterInnen, bei denen die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG die Vorauszahlungen für Heizabschläge bereits ab Mai um 22 Euro erhöht hat. Das Vorgehen der GWG widerspricht dabei durchaus aktuellen Jobcenterbescheiden. Nach Ansicht der Jobcenter sind die Erhöhungen der Abschläge nur im Rahmen einer Jahresendabrechnung zulässig. Das heißt: die MieterInnen mit knapper Kasse beispielsweise im Transferleistungsbezug bekommen das berechnete Geld nicht erhöht in Folge der Vorauszahlungsanpassung. Sie müssen sich dann mit der GWG in umständliche Widerspruchsverfahren begeben. Und so sieht das Vorgehen einer städtischen Gesellschaft aus, deren Daseinszweck doch die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum sein sollte?

Bereits 2021 wurde seitens der Städtischen Werke rund 8.300 Haushalten die Sperrung von Strom und/oder Gas wegen unbezahlter Rechnungen angedroht, in knapp 1.700 Fällen wurde dann tatsächlich die Energieversorgung abgeschaltet. Bei rasant steigenden Strom- und Gaspreisen ist davon auszugehen, dass die Zahl der hiervon betroffenen Menschen im nächsten halben Jahr noch deutlich ansteigen wird. Die Städtischen Werke sind nun, wie der Name schon sagt, ein Tochterunternehmen der Stadt Kassel. Warum hat der Oberbürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender nicht längst die Initiative für ein Strom- und Gassperrenmoratorium ergriffen? Das wäre doch immerhin eine Maßnahme, um die Menschen in dieser Stadt die sich die horrenden Energiekosten und die allgemein massiv steigenden Preise für Nahrungsmittel und andere Grundbedürfnisse nicht mehr leisten können, davor zu schützen, im Winter ohne Heizung und Stromversorgung im Dunkeln zu sitzen.

Was wir stattdessen in den letzten Monaten erlebt haben, war die Einführung eines Einwohnerenergiegeldes, das der Oberbürgermeister im Sommer mit den Stimmen von SPD und CDU als einkommensunabhängige Einmalzahlung von 75 Euro für alle EinwohnerInnen der Stadt Kassel durchgeboxt hat – eine Einmalzahlung, die angesichts der deutlich steigenden laufenden Kosten verpuffen wird und wohl vor allem ein Wahlkampfgag des Amtsinhabers im anlaufenden Oberbürgermeisterwahlkampf sein sollte. Allein die eben erwähnten unterjährigen Erhöhungen der Heizkostenabschläge der GWG belaufen sich jährlich, wenn sie nicht zurückgenommen werden oder Hilfen angepasst werden, auf 264 Euro. Schon daran wird deutlich, wie unzureichend der vom Oberbürgermeister Geselle angekündigte Energiekostenzuschuss für die Menschen ist, die ihn wirklich nötig haben

Der größte Hammer daran aber ist: Noch im Juli haben OB und SPD bei jeder kritischen Nachfrage unsererseits im Brustton der Überzeugung versichert, sie hätten es über das Rechtsamt überprüft: das Einwohnerenergiegeld werde auf gar keinen Fall auf Transferleistungen wie ALG II angerechnet. Wir haben ihnen das damals schon nicht geglaubt, zumal die Antworten auf eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag zu diesem Thema recht eindeutig in diese Richtung wiesen. Nun aber mehren sich die Anzeichen, dass diese Einmalzahlung, wenn sie direkt zur Begleichung von Energiekosten verwendet wird, wie befürchtet, durchaus voll angerechnet wird, d.h. Vom Jobcenter wieder vom Regelsatz abgezogen wird. Und daraufhin lässt der OB Geselle sich in den Medien folgendermaßen zitieren: Transferleistungsempfänger seien auch gar nicht die primäre Zielgruppe des Energiegeldes. Sie würden ja schließlich durch die Sozialleistungen unterstützt. Man wolle mit dem EEG in erster Linie Menschen helfen, deren Einkommen zuletzt durch die Inflation entwertet wurde.

Das ist doch ein schlechter Scherz! Für die Inflation gilt doch genau das was vorher auch schon für die soziale Krise in der Corona-Pandemie galt: Es trifft uns alle, aber eben nicht im gleichen Ausmaß. Gerade TransferleistungsbezieherInnen sind es doch, denen die steigenden Kosten noch am dramatischsten die ökonomische Grundlage entziehen und die schon von der 300-Euro-brutto-Einmalzahlung des Bundes nichts hatten. Diese Menschen werden jetzt also auch von der Kasseler Kommunalpolitik ein weiteres Mal im Regen stehen gelassen – unabhängig davon, dass Einmalzahlungen keine Probleme lösen sondern eher symbolische Unterstützungsleistungen bleiben. Das Kalkül war doch offensichtlich ein ganz anderes: Geselle und seinen KollegInnen im Magistrat und der SPD-Stadtverordnetenfraktion dürfte auch schon im Sommer klar gewesen sein, dass die TransferleistungsbezieherInnen von dem Geld wahrscheinlich eher nichts haben. Wichtiger war ihnen aber, jene Menschen zu beglücken, die zwar auch unter der Preisentwicklung leiden, aber ein bis zwei Einkommenskategorien über den städtischen Armen rangieren und – im Gegensatz zu vielen TransferleistungsbezieherInnen tatsächlich zur Wahl gehen. Und diesen potentiellen WählerInnen, die, wie es in der Erklärung des OB jetzt heißt „normalen Verdiener,in diesem Land, Rentner und Menschen die zur Arbeit gehen“, wollte Geselle sich mit diesen 75 Euro pro Person nochmal einige Monate vor der OB-Wahl nachdrücklich in Erinnerung rufen. Ich nenne das ein zynisches Spiel mit der berechtigten Angst der Leute vor Inflation, Krieg und Krise.

Und nur für diejenigen, die meinen, man solle doch nicht immer unredliche Motive vermuten und ein Kasseler Oberbürgermeister würde doch nicht mit derart plumpen Methoden sein Amt für seinen Wahlkampf missbrauchen: Wir haben es mit dem selben OB zu tun, der am vergangenen Dienstag seine Ankündigung, im März als unabhängiger Kandidat zur Wiederwahl zu stehen, mit den entsprechenden Begründungsfloskeln nicht nur der Presse bekannt gegeben hat, sondern auch per Rundmail an alle, deutlich über 4.000 städtische MitarbeiterInnen verschickt hat, was garantiert nicht als reine sachliche Information der Beschäftigten gedacht war und von den Formulierungen her auch nicht so rüberkam. Mit diesem Vorgang speziell werden wir in der nächsten Zeit die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium beschäftigen müssen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass unser OB zu solchen Tricks greift, aber leider: Plumper geht immer.

Es gibt in dieser Situation nicht viele Stellschrauben, an denen Kommunalpolitik drehen kann, um den Menschen Entlastung zu bringen und sie vor den schlimmsten Auswirkungen der Krise zu schützen, aber ein paar gibt es schon. Dazu würde ein solches Energiesperrenmoratorium gehören, ein Verzicht der städtischen Wohnungsgesellschaft GWG auf Mieterhöhungen sowie die von uns im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt im Juli geforderte Einrichtung eines städtischen Nothilfefonds um unbürokratisch zu helfen, wenn die Gasrechnung nicht mehr bezahlt werden kann – dafür wären die 15,5 Millionen für das Einwohnerenergiegeld deutlich sinnvoller angelegt gewesen als mit einem Pauschalzuschuss nach dem Gießkannenprinzip. Ich muss, glaube ich, nicht extra ausführen, dass für die den Magistrat stellenden Parteien SPD und Grüne diese Forderungen bisher kein Thema sind.

Bisher, muss man dazu betonen. Denn offensichtlich sind die Regierenden in diesem Land (und womöglich auch in dieser Stadt, das muss sich noch herausstellen) gar nicht so sicher im Sattel, die Angst geht um vor dem vielbeschworenen „heißen Herbst“, vor Massenprotesten gegen die Abwälzung der Kriegsfolgen und die Verarmung breiter Bevölkerungsteile. Deshalb wurde ja auch schon im Sommer präventiv gemunkelt, die Protestbewegung, wenn sie denn komme, sei zutiefst rechtsgestrickt und unterwandert, um den legitimen Protest der Menschen zu diskreditieren und linke und fortschrittliche Menschen davon abzuhalten, Demonstrationen zu organisieren oder sich an ihnen zu beteiligen. Nun hat dieser „heiße Herbst“ ja noch gar nicht richtig begonnen, abgesehen von ein paar Protesten in Leipzig und anderswo, an denen sich jeweils ein paar Tausend Menschen beteiligten. Und ob reaktionäre und rechte Kräfte diese Bewegung dominieren werden oder linke, fortschrittliche Strömungen ist überhaupt nicht ausgemacht. Ich warne allerdings vor der Illusion, zu glauben, wie das Teile der Linken tun, eine Protestbewegung gegen Inflation und Verarmungspolitik ließe sich lostreten, ohne sich offensiv zur Kriegsfrage zu positionieren. Mit Forderungen die sich darauf beschränken, die sozialen Folgekosten der Wirtschaftssanktionen hierzulande sozial abzuschwächen, ohne zugleich auch eine sofortige Rückkehr an den Verhandlungstisch, die Beendigung der Wirtschaftsblockade und eine friedliche langfristige Lösung unter Einbeziehung Russlands zu fordern, ist keine mobilisierende Wirkung möglich. Die Friedensfrage ist nicht von der sozialen Frage zu trennen und die soziale Frage ist aus einer linken sozialistischen Perspektive die Frage nach der Ausweitung der Klassenauseinandersetzungen und nicht nach der sozialreformerischen Ausgestaltung des Ausbeutungs- und Kriegszustandes. Lässt sie diesen Komplex unbeachtet oder geht sie ihm aus dem Weg, überlässt die gesellschaftliche Linke das Feld des Widerstandes den Rechten und macht damit die vorweggenommene Diffamierung der Sozialproteste als Querfrontprojekt zur sich selbsterfüllenden Prophezeiung.

Denn wir können ja Erfolg haben! Warum wurde denn die sozial ungerechte und ausschließlich den Interessen der Energiekonzerne dienende Gasumlage jetzt in letzter Minute eingestampft und durch eine vorerst unbestimmte Gaspreisbremse ersetzt? Doch in erster Linie weil die Regierenden in der Ampelkoalition Angst vor dem Druck der Straße haben und davor, dass sich die Wut der Menschen in massenhaften sozialen Unruhen entlädt. „Links wirkt!“, habe ich danach schon wieder einige Leute in sozialen Medien posten gesehen, aber das stimmt leider nicht. Es ist nicht Die Linke mit ihrer Forderung nach Übergewinnsteuer und Energiepreisdeckel, die bei ihren Aktionstagen jetzt im September auch einige Leute auf die Straße gebracht hat, sondern es sind die tausenden Leute, die in ostdeutschen Kleinstädten auf die Straße gegangen sind, es sind die Dessauer Handwerker, es ist die trübe Aussicht auf Massenproteste wie in Tschechien mit in der Tat teils starken rechten Akteuren. Und es ist vor allem die Angst vor einem Flächenbrand im Winter, wenn Hunderttausende auf die Straße gehen, weil sie nicht mehr heizen können, weil Lebensmittel unbezahlbar werden, weil ihre Jobs wegbrechen. Und dieser Flächenbrand wird kommen, wenn es nicht gelingt, diesen Krieg schnell zu beenden. Die gesellschaftliche Linke und die Friedensbewegung müssen Teil dieser Protestbewegung sein und sie müssen offensiv den Protest gegen Krise und Verarmung mit der Kriegsfrage verbinden, denn diese Verbindung ist doch für jedermann und jedefrau deutlich erkennbar. Nur so kann es gelingen, Reaktionäre und Faschisten klein zu halten und die Hegemonie auf der Straße zu gewinnen. Der Hauptfeind steht im eigenen Land, diese Losung von Karl Liebknecht gilt heute noch genauso wie vor über hundert Jahren.
Daher: Kommt zur Bündnisdemonstration am 21. Oktober um 17 Uhr vor dem Rathaus.
  • Keine Profite mit unserem Leben!
  • Waffenstillstand und Verhandlungen jetzt!
  • Schluss mit dem Wirtschaftskrieg!
  • Für eine gerechte internationale Friedensordnung unter Einbeziehung Russlands!
  • Friede den Hütten, Krieg den Palästen!