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Lühr Henken: Frieden für die Ukraine und für Russland - Keine Waffenlieferungen an die Ukraine!


24. Februar 2024

Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag hielt auf der Friedenskundgebung in Berlin zum zweiten Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine einen Vortrag zu möglichen Gefahren weiterer Kriegseskalationen:

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

Bundeskanzler Olaf Scholz, vor dessen Amtssitz wir hier stehen, läutete vor knapp zwei Jahren die sogenannte Zeitenwende ein. Künftig sollten mehr als zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung in die Bundeswehr fließen und Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden. Scholz begründete das im Bundestag so: »Putin will ein russisches Imperium errichten. Er will die Verhältnisse in Europa nach seinen Vorstellungen grundlegend neu ordnen, und dabei schreckt er nicht zurück vor militärischer Gewalt. Das sehen wir heute in der Ukraine.« Kurz: Für die militärische Neuordnung Europas greife der russische Präsident zunächst die Ukraine an, um dies als Sprungbrett für den Gang nach Westen zu nutzen. Dagegen helfe nur ein Mittel: Aufrüstung – die der Ukraine und die der Bundeswehr. Aus Deutschland hat die Ukraine seitdem Waffenhilfe in Höhe von 9,4 Milliarden Euro erhalten und Versprechen auf weitere Hilfen für 8,3 Milliarden. Aus dem anfänglichen Zauderer ist der Kriegstreiber Scholz geworden – nicht nur in Europa, sondern neuerdings auch in den USA.

Das Geld für die massive Aufrüstung der Bundeswehr fließt. Wurden für die Bundeswehr im Jahr vor dem Ukraine-Krieg noch 52,4 Milliarden Euro locker gemacht, so werden es in diesem Jahr voraussichtlich 89 Milliarden werden. Das würde 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, des BIP, pro Jahr entsprechen. Der Bundeskanzler verspricht, dieses Ausgabenniveau oberhalb der zwei Prozent zu halten, auch wenn der Topf mit den 100 Milliarden Euro Sonderschulden spätestens ab 2028 leer sein wird. Zwei Prozent des BIP bedeutet dann, die zusätzlichen 30 bis 35 Milliarden Euro für die Bundeswehr müssen bei den Sozialausgaben gekürzt werden. Und das Jahr für Jahr, weil Scholz’ Zusage auch für die 30er Jahre und darüber hinaus gilt. Verteidigungsminister Boris Pistorius machte vor einer Woche klar, dass selbst die zwei Prozent nicht reichen könnten. Vielleicht würden es auch drei oder 3,5 Prozent werden, sagte er – je nach Weltlage. Auf der Basis des BIP dieses Jahres wären das 125 beziehungsweise 150 Milliarden Euro pro Jahr für die Bundeswehr. Halleluja – und das alles aus dem Bundeshaushalt. Dazu darf es nicht kommen!
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Das verlangt der Bevölkerung sehr viel ab. Denn sie soll diesen gigantischen Aufrüstungskurs schließlich mittragen. Das heißt, es geht um den Kampf um die Köpfe. Nicht nur die Bundeswehr soll »kriegstüchtig« werden, sondern auch die Bevölkerung. Wie ist das zu erreichen? Ganz einfach. Indem man die Angst vor den Russen schürt. Und das hat wieder Konjunktur. Seit Mitte Dezember geistert das Phänomen durch die Gazetten. Den Anfang machte das Springerblatt Bild, das damals titelte: »Pistorius warnt vor Putins Angriff: Wir haben ›fünf bis acht Jahre‹.« Erfinder des Gedankens ist Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, kurz DGAP: Sobald in der Ukraine nicht mehr gekämpft werde – aus welchem Grund, lässt Mölling offen –, werde Russland seine Armee wieder aufbauen, um danach im Baltikum oder Polen anzugreifen. Denn das Land verfolge imperiale Ambitionen. Das werde in fünf bis neun Jahren der Fall sein. Damit es nicht dazu kommt, muss die deutsche Aufrüstung beschleunigt werden. Belege für diese Behauptungen haben weder Mölling noch Pistorius. (…)

Verhandlungen schloss der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij per Dekret aus und forderte statt dessen Waffenlieferungen aus dem Westen, insbesondere von Deutschland Marschflugkörper vom Typ »TAURUS«. Diese Forderung fand im Antrag der CDU/CSU am Donnerstag keine Mehrheit, aber der Antrag der Ampelkoalition öffnet der Option ebenso Tür und Tor. Auch wenn der Lieferung von »TAURUS«-Marschflugkörpern nicht heute oder morgen zugestimmt wird, so ist der Bundestagsbeschluss kein »Nein« bis in alle Zukunft. Das bestätigte auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich im Bundestag: »Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen, und das hat übrigens auch der Kanzler nicht getan. Sie wissen ganz genau, dass es bisher kein Nein gibt.« Beabsichtigt ist, dass die »TAURUS« an US-amerikanische Kampfflugzeuge des Typs F-16 gehängt werden, die noch nicht in der Ukraine sind. 61 F-16 sollen aus Dänemark und den Niederlanden vom Sommer an bis Ende nächsten Jahres ausgeliefert werden. Die Kriegstreiberinnen und Kriegstreiber in CDU/CSU und Ampel werden nicht locker lassen. Entscheidet die Regierung sich für die Lieferung, schlägt sie sämtliche Warnungen vor einer Eskalation des Ukraine-Krieges in den Wind.

Was macht diese Marschflugkörper so gefährlich? Die punktzielgenauen »TAURUS« sind durchschlagfähig gegen vier Meter dicken Beton und nur schwierig abfangbar. Ihre Reichweite von mehr als 500 Kilometern ermöglicht einen Einsatz in drei Bereichen: erstens strategische Zentren in Moskau – wie der Kreml und Ministerien. Das ist, wofür der CDU-Hasardeur Roderich Kiesewetter kürzlich plädierte. Zweitens lagern auf halbem Weg nach Moskau in 22 Silos russische Interkontinentalraketen mit 88 Atomsprengköpfen. Allein diese strategischen Optionen von gelieferten »TAURUS« provozieren heftige russische Gegenmaßnahmen. Welche das am Ende sind, darüber kann man nur spekulieren. Der dritte Bereich ist die für die Versorgung der Krim so bedeutsame Kertsch-Brücke im Osten der Halbinsel. Die Krim ist wegen der Schwarzmeerflotte und der Stützpunkte für Luftwaffe und Heer von strategischer Bedeutung für Russland. Die Zerstörung der Brückenpfeiler ist der Ukraine mit britischen und französischen Marschflugkörpern nicht möglich. Die mit diesen bestückten Flugzeuge müssten zu nahe an die Kampflinie heran. Mit »TAURUS« jedoch könnte der Start weit im Binnenland der Ukraine erfolgen. Es ist also klar: Werden bald »TAURUS« geliefert, eskalieren die Feindseligkeiten. Deshalb dürfen sie nicht an die Ukraine geliefert werden!

Auch die USA arbeiten mit Hochdruck daran, den Druck auf Putin zu erhöhen. Schon unter Trump wurde 2019 die Entwicklung von Hyperschallraketen mit langer Reichweite forciert, deren Gleitkörper mit konventionellem Sprengstoff bereits fertig sind. Anders als einst die »Pershing II« sind die losgelösten Gefechtsköpfe der Hyperschallraketen während des Fluges lange Zeit manövrierbar, so dass sie nicht abgefangen werden können. Der Gefechtskopf einer solchen Rakete trifft sein Ziel punktgenau. Das Ziel ist: Wladimir Putin persönlich. Die Crew dafür, 500 Mann stark, ist bereits seit Ende 2021 im Lande – verteilt auf die Kommandozentrale in Wiesbaden und Grafenwöhr, wo die Kanoniere sind. Es ist zu erwarten, dass die »Dark Eagle«-Hyperschallraketen 2025 nach Deutschland kommen werden. Putin weiß um dieses »Messer am Hals«, wie er im Februar 2022, drei Tage vor seinem Angriffsbefehl auf die Ukraine, sagte. Was wird er tun? Abwarten, bis die Batterie steht, weil er darauf vertraut, dass die USA sie nicht einsetzen werden, weil dann, so die russische Nukleardoktrin, den USA und/oder Europa unweigerlich der russische Gegenschlag droht? Oder traut der russische Präsident seiner Generalität im Falle seiner Ermordung den Schritt nicht zu, weil diese sowohl Skrupel bei der Zerstörung Europas und der USA hätte und den eigenen Tod und den ihrer Landsleute fürchtete? Falls Putin zur letzten Überlegung neigt, bleibt ihm nichts anderes übrig als zuvor etwas zu unternehmen. Was könnte das sein? (…) Ein Präventivschlag auf US-Kommandozentralen in Deutschland. Mit den hochpräzisen »Kinschal«- oder »Zirkon«-Hyperschallraketen Wiesbaden, Stuttgart, Ramstein, Büchel und Grafenwöhr zu beschießen, könnte die US-Einsatzfähigkeit in Europa zerstören. Und ein Gegenschlag der USA? Ihre Kommandozentralen in Europa wären unbrauchbar, ebenso ihre militärischen Möglichkeiten. Würden sie dann ihr strategisches Nukleararsenal mit Interkontinentalraketen und von ­U-Booten und Bombern aus gegen Russland einsetzen? (…) Die Stationierung von »Dark Eagle«-Raketen in Deutschland ist in jedem Fall destabilisierend. Wie können wir dem entkommen? Wir haben noch ein Jahr Zeit, den nötigen öffentlichen Druck auf Scholz, Baerbock und Co. zu erzeugen. Also, Herr Scholz: Keine »TAURUS« an die Ukraine liefern! Keine »Dark Eagle« nach Deutschland holen! Den Kurs auf Verhandlungen mit Russland stellen! Nicht aufrüsten, sondern abrüsten!